Lektion 2 - Die Unterschiede in der Darstellung der Passion Jesu

Neben den Gemeinsamkeiten in der Darstellung der Passion Jesu gibt es beträchtliche Unterschiede. Die größten Unterschiede bestehen in der Darstellung der jüdischen Beteiligung.

Nach Markus und Matthäus findet in der Nacht eine Vollversammlung des Hohen Rates statt. Jesus wird auf Befragung des Hohenpriesters nach seinem Messiasbekenntnis von allen wegen Gotteslästerung verurteilt (Mk 14,53-65 par. Mt 26,57-68).

Nach Lukas versammelt sich der Hohe Rat unter dem Vorsitz des Hohepriesters bei Tagesanbruch zu einer Anhörung Jesu, die zur Erkenntnis seiner „Schuld“ führt, den Messiasanspruch erhoben zu haben (Lk 22,66-71).

Nach Johannes (Joh 18,12-27) kommt es nicht einer Ratsversammlung und auch nicht zu einem jĂĽdischen Todesurteil, sondern zu einer Befragung Jesu im Haus des Hannas, des Schwiegervaters von Kaiaphas, die im Sande verläuft, aber den bereits längst vorher gefassten Beschluss bestätigt, Jesus aus GrĂĽnden politischer Opportunität zu opfern (Joh 11,45-53). 

Einige Unterschiede finden sich auch in der Darstellung des Pilatusprozesses.

Markus und Matthäus erzählen von der GeiĂźelung als Begleitstrafe zur Kreuzigung (Mk 15,15 par. Mt 26,26); nach Lukas (Lk 23,16) und Johannes hingegen (Joh 19,1) ist sie eine eigene Strafe, mit der Pilatus den Volkszorn besänftigen will, um vielleicht die Kreuzigung vermeiden zu können. 

Pilatus sieht nach Markus in Jesus einen Unschuldigen, verurteilt ihn aber, um de aufgeputschte Menge zufrieden zu stellen (Mk 15,15). 

Matthäus akzentuiert das Wissen des Pilatus um Jesu Unschuld: Seine Frau hat einen Albtraum wegen der möglichen Hinrichtung des unschuldigen Jesus (Mt 22,19); er selbst, da er gegen den inszenierten Volksauflauf nicht ankommt, wäscht sich, die Hände in Unschuld (Mt 27,24), während das Volk ruft: „Sein Blut ĂĽber uns und unsere Kinder!“ (Mt 27,25). 

Lukas lässt die Synhedristen neben dem messianischen Königsanspruch weitere Anklagepunkte nennen: Volksverhetzung (seditio) und Aufruf zum Steuerboykott (Lk 23,2.5.14); er schiebt, von Pilatus als Ablenkungsmanöver gedacht, die Episode mit Herodes Antipas ein, dem Landesvater Jesu (Lk 23,6-12); Pilatus ist von Jesu Unschuld ĂĽberzeugt, gibt aber dem Drängen der Masse nach (Lk 23,24f)

Johannes baut den Pilatusprozess zu einer SchlĂĽsselszene des ganzen Evangeliums aus, in der die Wahrheits- und die Machtfrage im Zentrum stehen (Joh 18,28 – 19,16). Pilatus entzieht sich dem Anspruch Jesu: „Was ist Wahrheit?“ (Joh 18,38). Er will, von Jesu Schuld nicht ĂĽberzeugt, Jesus freilassen und gibt ihn dennoch zur Hinrichtung frei, weil er fĂĽrchtet, nicht mehr als „Freund des Kaisers“ zu gelten (Joh 19,12), wenn er den – vermeintlichen – AufrĂĽhrer laufen lässt. 



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