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C

Close reading

Close reading ist eine Praxis des interpretierenden Umgangs mit einem Text. Der Begriff beschreibt ein textnahes Lesen, das in der angloamerikanischen Tradition zunĂ€chst ohne Herstellung oder Interpretation von literaturgeschichtlichen oder biographischen BezĂŒgen betrieben wurde, dessen Blickpunkt jetzt aber auf den Text selbst und die FĂ€den der verschiedensten Diskurse gerichtet wird, seine Textimmanenz also programmatisch aufgibt. Im New Historicism geht es beim close reading um die untergrĂŒndig am Text mitschreibenden Diskurse, also etwas was auf der TextoberflĂ€che verdrĂ€ngt oder ausgeschlossen wird. Ein wichtiger Vertreter ist Steven Greenblatt.


Cultural Studies

Im Gegensatz zum unspezifisch klingendem Überbegriff "Kulturwissenschaften" waren die Cultural Studies (Vertreter z. B. Georg Simmel, Max Weber, Aby Warburg) zu Beginn eine politisch ausgerichtete Methode und befasste sich in den 1950er Jahren mit populĂ€rer Literatur und Filmen, sowie Werbung und Presse. GegenwĂ€rtige Cultural Studies befassen sich vor allem mit: Volkslied und Popmusik, Kunst im Alltag, Wohnkultur, Jugendkultur, Sport, und vielem mehr.


D

Dekonstruktion

Die Dekonstruktion wird dem Poststrukturalismus zugerechnet und in der Literaturwissenschaft hĂ€ufig synonym verwendet.. Sie hat die Absicht, die Konstruktion der Texte mit ihrer grundsĂ€tzlichen widersprĂŒchlichen Anlage zu zeigen und ihre rhetorische Verfassung zu analysieren, d.h. nicht ihre Wahrheiten, sondern ihre zeichenhafte Konstruktion herauszuarbeiten. GeprĂ€gt wurde der Begriff von Jacques Derrida und zu weiteren zentralen Vertretern gehören z.B. Harold Bloom, Geoffrey Hartmann und Paul de Man.



Diskursanalyse

Michel Foucault hat den Begriff "Diskurs" eingefĂŒhrt und bezeichnete ihn als "Menge von Aussagen, die einem gleichen Formensystem angehören" (Foucault 1973, S.156). Die Diskursanalyse untersucht sowohl den Zusammenhang von sprachlichem Handeln und sprachlicher Form, als auch den Zusammenhang ziwschen sprachlichem Handeln und gesellschaftlichen Strukturen. Foucaults Analysen sind nur indirekt auf literarische Texte anwendbar und es ist umstritten ob Diskursanalyse ĂŒberhaupt eine Methode ist, dennoch bietet sie effektive Werkzeuge, um einige Leitbegriffe der Literaturwissenschaft auf den PrĂŒfstand zu stellen.


F

Formanalytische Schule

Die formanalytische Schule ist eine literaturwissenschaftlich-konkrete AusprĂ€gung der Hermeneutik. Sie zielt ausschließlich auf werkimmanente ZusammenhĂ€nge auf, das heißt auf Strukturen und Motive innerhalb der Texte. Dabei lĂ€sst sie die Faktoren des Autorlebens oder des gesellschaftlichen Kontextes aus. Zentrale Vertreter der formanalytischen Schule sind Emil Staiger, Wilhelm Scherers und Friedrich Gundolf. 

G

Gender Studies

Wird auch als Feministische Literaturtheorie bezeichnet und untersucht in erster Linie Geschlechtercodierungen, umfasst jedoch auch literaturwissenschaftliche Arbeiten und Projekte, in denen aus (in erster Linie, aber nicht ausschließlich) weiblicher Perspektive die Darstellung von Frauen in literarischen Texten sowie die Literaturproduktion und Literaturrezeption von Frauen erforscht wird. Vertreter sind unter anderen Judith Butler und Barbara Hahn.


Genie

Das Genie ist autonom geworden, es geht nicht wie beim poeta doctus um die Vermittlung von Wissen, um Belehrung und Erbauung. Das Genie als Autor versteht sich als autonom von der Regel der Poetik: Er schöpft sowohl die Regel fĂŒr sein Kunstwerk als auch die Welt, die er erschafft, im emphatischen Sinne aus sich selbst.

H

Hermeneutik

Die Hermeneutik ist die sogenannte "Lehre des Verstehens". Beim Verstehen verwendet der Mensch Symbole mit denen sich die Hermeneutik beschĂ€ftigt. Zudem beschĂ€ftigt sich die Hermeneutik noch mit der Interpretation von literarischen Werken und mit mĂŒndlichen Äußerungen oder anderen sinntragenden Konstruktionen z.B. Bildern, Gesten, Handlungen. Zentrale Vertreter sind Hans-Georg Gadamer, Friedrich Schleiermacher und Wilhelm Dilthey.


Hermeneutischer Zirkel

Der hermeneutische Zirkel bezeichnet ein Wechselspiel zwischen dem Verstehendemhorizont und dem Fremdhorizont, die sich gegenseitig verĂ€ndert. Man besitzt ein gewisses VorverstĂ€ndnis, welches dann durch das TextverstĂ€ndnis erweitert wird und beide Horizonte in eine zirkelförmige Bewegung bringt. Dabei gilt das Verstehen, Lesen und Erkennen als Deutungshandlung, denn der Sinn des Textes wird durch eine Interpretation immer wieder neu konstruiert und kerht nicht zurĂŒck zum Augangspunkt.


L

Leerstelle

Leerstellen können bei Kapitelenden, Handlungs- und Szenenwechsel, offenem Ende und fragmatischer Darstellung vorkommen und machen die Appellstruktur (Wolfgang Iser) eines Textes aus. Der Leser muss bei unbestimmten Ansichten der fiktiven Welt oder bei widersprĂŒchlicher Semantik VerknĂŒpfungen herstellen, die die Interpretation ausmachen.


Leitdifferenzen

Leitdifferenzen sind in der Systemtheorie als Unterscheidungen oder GegensĂ€tze zu verstehen (Bsp. groß-klein). Durch Leitdifferenzen ist es möglich Theorien oder Systeme besser zu verstehen und zu verarbeiten. Dadurch dass der Leser sich ĂŒber diese Unterscheidung bewusst wird, ist es ihm einfacher möglich verschiedene Theorien oder Systeme voneinander abzugrenzen.


M

Medien und Literatur

Durch die Entwicklung von Medien (Bsp. Zeitung, Radio, TV) wurde auch die Literatur beeinflusst, da die Rolle von Autor und Leser durch Entstehung von Medien im Wandel begriffen ist. Medien werden nach einem der BegrĂŒnder der Medientheorie, Marshall McLuhan, in heiße (sprechen nur einen Sinn an) und kalte (sprechen mehrere Sinne gleichzeitig an) Medien unterteilt; damit wird auf die Wechselwirkung von Medien und Gesellschaft abgehoben. FĂŒr eine medienwissenschaftlich orientierte Literaturwissenschaft gab Friedrich Kittler die entscheidenden Impulse.


Methodenpluralismus

Der Methodenpluralismus bezeichnet die gleichzeitige Anwendung verschiedener Methoden. Dabei sind die drei wichtigsten Tendenzen innerhalb der Germanistik die Geistesgeschichte, Hermeneutik und formanalytische Schule. Ab 1965 entwickelten sich die Rezeptionsgeschichte und RezeptionsÀsthetik, Sozialgeschichte der Literatur, sowie strukturalistische AnsÀtze; hinzu kamen spÀter noch die psychoanalytische Literaturwissenschaft (zweite HÀfte der 70er Jahre), die Diskursanalyse (Beginn der 80er Jahre) und die Systemtheorie (Beginn der 90er Jahre).


N

New Historicism

New Historicism bezeichnet einen zunÀchst geschichtswissenschaftlichen Ansatz, der das genaueste Sachinteresse am historischen Gegenstand ins Zentrum der Analyse stellt. Gleichsam ist der New Historicism eine Diskursanalyse der Geschichte, in dem es nicht mehr nur um das Werk und seinen Hintergrund selbst geht, sondern vor allem um den Text und seine Beziehung zu allen anderen Texten seiner Kultur. (Vertreter u. A. Clifford Geertz)


P

Positivismus

Der Positivismus wurde nach der ReichsgrĂŒndung 1871 zum literaturwissenschaftlichen Leitbegriff. Er erhebt Anspruch auf die Gleichwertigkeit mit den Naturwissenschaften. Beim Positivismus werden die Dokumente deutscher Literatur akribisch und genau aufgesucht, gesammelt und archiviert. Als Beispiel fĂŒr Positivismus ist die 143-bĂ€ndige Weimarer Ausgabe der Werke von Goethe zu nennen.

Poststrukturalismus

Der Poststrukturalismus hat sich in Nachfolge des Strukturalismus und in der Auseinandersetzung mit der deutschen Hermeneutik herausgebildet. Texte bestehen aus offenen Bedeutungsprozessen und sind nicht mit festen Interpretationsmustern festzustellen. Der Leser soll dabei Produzent, nicht Konsument sein (zentrale Vertreter: Roland Barthes, Jacques Lacan).


R

RezeptionsÀsthetik

Die in den 1960er Jahren durch Literaturwissenschaftler begrĂŒndete, und an die Hermeneutik anschließende RezeptionsĂ€sthetik beschĂ€ftigt sich mit der emotionalen sowie gedanklichen Wahrnehmung literarischer Werke. Kern der Theorie ist, dass die Verarbeitung von Texten entscheidend vom Leser beeinflusst wird, da der Leser beim Lesen eine Interpretation des Textes mithilfe seines Wissens und seiner Erfahrung ĂŒbernimmt. Zentrale Vertreter der RezeptionsĂ€sthetik sind zum Beispiel Hans Robert Jauß und Umberto Eco, diese beschĂ€ftigten sich vor allem mit der Geschichte des Lesens und stellten auch den Leser in den Vordergrund.

S

sozialgeschichtliche Literaturwissenschaft

Bei der sozialgeschichtlichen Literaturwissenschaft werden gesellschaftliche Bedingungen und BezĂŒge literarischer Texte ins Zentrum gestellt. Sie untersucht das Zustandekommen, die Distribution und die Rezeption von Texten und sich historisch  wandelnden sozialen Bedingungen. Zentrale Vertreter sind Georg LucĂĄcs, Theodor W. Adorno und Walter Benjamin.


spatial turn

Der 'spatial turn' wird auch als topologische Wende oder raumkritische Wende bezeichnet. Er beschreibt einen Paradigmenwechsel seit den 1980er Jahren, in dem nicht mehr nur die Zeit eine Rolle spielt, sondern auch RĂ€ume, Raumstrukturen und Architektur einen immer grĂ¶ĂŸer werdenden Einfluss haben.


Strukturalismus

Der Strukturalismus ist eine wissenschaftliche Forschungsmethode, die die Sprache als ein geschlossenes Zeichensystem versteht und die Struktur dieses Systems erfassen will. Die Sprache wird als ein System von formalen Elementen (Phoneme, Morpheme, Wörter usw.) verstanden und versucht die vorhandenen Beziehungen zwischen den einzelnen Elementen, die als Zeichen angesehen werden, aufzudecken und Strukturen nachzuweisen. Zentrale Vertreter sind Jan MukaƙovskĂœÂ und Roman Jakobson. 


Systemtheorie und Literatur

Bei der systemtheoretisch orientierten Literaturwissenschaft handelt es sich um denjenigen Zweig des zeitgenössischen literatursoziologischen Diskurses, der methodologisch an die PrĂ€missen der struktur-funktionalen soziologischen Systemtheorie des deutschen Soziologen Niklas Luhmann anschließt. Seit den 1990er Jahren hat dieser primĂ€r an Luhmanns kunsttheoretischem Hauptwerk "Die Kunst der Gesellschaft" (1995) sowie an andere kunstsoziologische Schriften Luhmanns anknĂŒpfende Ansatz zunehmend an Einfluss gewonnen (zentrale Vertreter: JĂŒrgen Fohrmann und Niels Werber). Mit ihrer Distanz gegenĂŒber einer reinen Einzeltextexegese im Sinne eines close reading reiht sich die systemtheoretische Literaturwissenschaft in die Tradition der kontextorientierten Literaturtheorien ein.

W

Werkimmanente Interpretation

Die werkimmanente Interpretation oder auch Werkimmanenz dominierte in den 1950er und 1960er Jahren und war Folge der Zeit des Nationalsozialismus. Wunsch vieler Germanisten war es, dass literarische Werke von dem gesellschaftlichem Rahmen losgelöst werden und autonom verstanden werden. Wichtige Vertreter sind Wolfgang Kayser, Emil Staiger und Leo Spitzer.


Widerspiegelungstheorie

Die Widerspiegelungstheorie ist eine 1920 von Georg LukĂĄcs radikalisierte Theorie der Literatursoziologie und enthĂ€lt EinflĂŒsse des Marxismus. LukĂĄcs fordert, dass die Literatur die Wirklichkeit widerspiegeln und gesellschaftliche VerhĂ€ltnisse durch prĂ€zise konzipierte Figurenkonstellation abgebildet werden sollen. Die gesellschaftliche Wirklichkeit, wie zum Beispiel die der Klassengesellschaft,  sollte laut LucĂĄcs aber nicht bloß naiv "abgemalt" werden. Der sozialistische Realismus hat dieses MissverstĂ€ndnis allerdings umgesetzt.



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