• Die neutestamentliche Bibelwissenschaft (oder Exegese) hat die biblischen Texte zum Fundament. Die Arbeit mit und an ihnen ist strukturiert und standardisiert, weil Exegese Wissenschaft ist, die diskursfähig ist. Dabei nimmt sie Anleihen, z.B. der Historik, Narratologie und Philologie. Ihr Proprium ist der theologische Anspruch, die besondere Qualität im Offenbarungsverständnis der Texte.

    In diesem ersten Schritt steht der Text als Erzählung im Fokus. Mit Hilfe der Narratologie soll Ihnen eine Orientierung über den Text (exemplarisch das Markusevangelium) gegeben werden, die sich auch auf andere Texte anwenden lässt. Gespickt ist das Angebot mit weiterführenden Links und einem Video, das eine gute Einführung in das Evangelium gibt. 

    Bearbeiten Sie dieses Modul chronologisch, da die Inhalte didaktisch aufeinander abgestimmt sind. Sie können immer wieder pausieren und zu einem späteren Zeitpunkt weiter arbeiten.


    • Diese Übersetzung des markinischen Textes (von Prof. Dr. Thomas Söding) können Sie sich ausdrucken und daran arbeiten.

    • In diesem Aufgabenteil lesen Sie den Text des Markusevangeliums Mk 14,53 – 15,20. Der Zwei-Quellen-Theorie folgend ist der Markus-Text die Vorlage für die anderen Evangelien, Lukas und Matthäus, weshalb ihm ein Vorrang zugesprochen wird und er eine Basis liefert. Selbstverständlich ist der Vergleich mit den anderen Texten zum Tod Jesu ebenso wichtig. Am markinischen Text soll eine methodische Einübung ermöglicht werden.

      Drucken Sie sich die Textvorlage zu Mk 14,53 – 15,20 aus, so können Sie gut im Text Auffälligkeiten markieren oder Fragen notieren.

      In diesem ersten Schritt steht der Text und Ihr persönlicher Zugang im Fokus. Auch – und gerade – wenn Sie meinen, dass Sie den Text bereits kennen. Versuchen Sie folgende Aspekte in einer persönlichen Annäherung zu klären und in den Feldern zu beantworten (pro Frage wird eine Antwort von ca. 1000 Zeichen erwartet (mit Leerzeichen und in eigenen Worten):

      1. Was fällt mir im Text auf?
      2. Welche Assoziationen weckt er bei mir?
      3. Welche Gefühle habe ich beim Lesen des Textes?
      4. Was ist fremd oder irritierend?
      5. Wie verstehe ich den Text in dieser ersten Begegnung? 
      6. Welche Fragen habe ich an den Text? Was möchte ich besser verstehen?

      Zum Abschluss können Sie sich den Text einmal vorlesen lassen (Bibel zum Hören: Der Text basiert vorwiegend auf der Gute Nachricht Bibel; klicken Sie auf den kleinen Pfeil am rechten Rand) oder lesen Sie ihn anderen Personen vor und fragen Sie nach spontanen Reaktionen.

    • In diesem kurzen Video (9:51 min) wird Ihnen ein kurzer Einstieg in das Markusevangelium gegeben. Dazu zählen die typischen W-Fragen: Wer hat das Evangelium geschrieben? Wann? Wieso? Was? 

      Für ausführlichere Informationen zu den sogenannten "Einleitungsfragen": Exegetische Informationen zum Markusevangelium.

    • Systematisieren Sie Ihre Leseeindrücke und achten Sie auf narrative Aspekte, die die Orientierung im Text vereinfachen. 

      Die Erzählung

      Das Interesse gilt den erzählten Ereignissen in der literarischen Überlieferung. Der Autor zeichnet eine Szenerie voller Motive und Akteure, und bildet auch ihr Verhältnis zueinander ab. Dabei sind Rahmenerzählungen von Kernerzählungen zu unterscheiden, sowie Handlungsgerüste mit Ereignisabfolgen und Motivanalysen zu erkennen.

      Handlungen

      Zu achten ist auf Verben der Erzählung, die Handlungen voranbringen. Darüber erschließen sich Handlungsgerüste in chronologischer Reihenfolge. Verarbeiten Sie direkte in indirekte Rede, um den Inhalt der direkten Rede zu erschließen. Andauernde Zustände können ergänzt werden, weil die Verben der Erzählung oft die punktuellen Zeitdimensionen wiedergeben. 

      Knotenpunkte und Alternativen

      Knotenpunkte der Erzählung werden durch die Einbindung von Personen und den Folgen geschaffen, sie haben auch Potentiale für Handlungsalternativen, die bestimmte Entscheidungen nochmal besonders stark hervorstechen lassen oder Kommunikationssituationen und Verhältnisse anders beleuchten. 

      Figuren

      In ähnlicher Weise aufschlussreich sind Aufstellungen von Figurenkonstellationen mit Hauptpersonen und Nebenpersonen bzw. dem Handlungssouverän (HS), dramatischer Hauptfigur (dHF) und dramatischer Nebenfigur (dNF).


    • Autor*in und Erzähler*in

      Auf der Erzählebene steht die notwendige Unterscheidung zwischen Autor*in und Erzähler*in (implizierter Autor*in). Der/die reale Autor*in entscheidet sich für eine bestimmte Erzählung und prägt damit auch das Bild eines bestimmten Erzählers. Es betrifft die neutestamentlichen Texte insofern, als das damit auch (kritisch überprüfte) Rückschlüsse gezogen werden können zu den realen Autoren, über die nicht viel bekannt ist.

      Zeit und Modus

      In diesen Bereich gehören unter anderem die Analyse der Zeit, wie der Erzähler das Verhältnis von erzählter Zeit und Erzählzeit gestaltet, ob es Wiederholungen gibt oder eine innere Ordnung. Da Erzählungen immer Raffungen sind, kommt es darauf an, den Blick für die Straffungen und besonders langen Ausführungen zu schärfen, weil sich dadurch Gewichtungen der Inhalte ablesen lassen. Das gilt für einzelne Perikope in sich selbst, aber auch für den Makrokontext. Dann ist die Frage nach der Unmittelbarkeit oder Distanz, aus der erzählt wird (Modus bzw. Fokalisierung) ein wichtiger Hinweis für die Beurteilung der Erzählung. Wie eine Kameraeinstellung kann der Erzähler dem Text besonders nah, aber auch besonders fern sein, über die Schulter, aus einer Perspektive auf Ereignisse blicken oder an Personen/Motive ganz nah "heran zoomen".

      Die Leser*innen

      Neben dem Verhältnis von realem/r Autor*in, dem Erzähler als impliziten/r Autor*in, steht auch noch eine implizite und reale Leserschaft der Geschichte, die für die Beurteilung des Diskurses ebenfalls von zentraler Bedeutung ist und damit die Frage: Wer erzählt wem? 

                                           

      Dabei kann es innerhalb der Geschichte auch noch eine/n weitere/n Erzähler*in geben, der innerhalb der Geschichte als Erzähler*in auftritt; meist ist es in den neutestamentlichen Texten Jesus, der Gleichnisse erzählt. Vor allem für die Evangelien ist die Einsicht wesentlich, dass es sich um nachösterliche Beschreibungen des vorösterlichen Handelns Jesu handelt wichtige theologische Marker, die sich nur aus diesen indirekten Informationen ergeben und auf implizites religiöses, kulturelles, politisches, soziales und historischen Wissen verweisen.