Berufsfelder von ReligionswissenschafterInnen
(In-)Kompetenzen - Zugänge - Perspektiven
Flüchtlingshilfe
Inhaltsübersicht
1. Was ist unter dem Begriff „Flüchtling“ zu verstehen? [Bearbeiten]
2. Sozialarbeit mit Flüchtlingen [Bearbeiten]
2.1. Vorteile von religionswissenschaftlichen Kompetenzen für die Integration
2.2. Interkulturelle Kompetenzen
2.4. Fehlende Sozialkompetenz seitens der Religionswissenschaft
Die Flüchtlingshilfe oder auch Flüchtlingsarbeit ist ein Zweig der sozialen Arbeit (siehe Eintrag Soziale Arbeit), nicht aber eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin oder ein Ausbildungsberuf. In Deutschland bildet sich das Berufsfeld der Flüchtlingshilfe besonders seit Anfang 2013 immer stärker aus. Hier sind zum größten Teil ehrenamtliche Mitarbeiter sowie einige Fachleute tätig.
Was ist unter dem Begriff „Flüchtling“ zu verstehen? [Bearbeiten]
Die UN Refugee Agency definiert den Begriff wie folgt:
„Artikel I der Genfer Flüchtlingskonvention definiert einen Flüchtling als Person, die sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder in dem sie ihren ständigen Wohnsitz hat, und die wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung hat und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht vor Verfolgung nicht dorthin zurückkehren kann.“1
Sozialarbeit mit Flüchtlingen [Bearbeiten]
Allein zwischen den letzten Jahren von 2013 bis 2015 wurden 754.892 Asylanträge in Deutschland gestellt.2 Dies ist die höchste Anzahl Hilfesuchender in den letzten 15 Jahren. Folgend muss sich das Arbeitsfeld der sozialen Arbeit mit Flüchtlingen erst neu bilden.
Die meisten Stellenausschreibungen im Bereich der Flüchtlingshilfe sind für Sozialarbeiter/Sozialpädagogen und Erzieher ausgeschrieben. Die Asylbewerber müssen ab dem 1. November 2015 in der Regel sechs Monate in der ihnen zugeteilten Erstaufnahme-Unterkunft wohnen.3 Anschließend dürfen die Behörden entscheiden, wo sie leben dürfen. In diesem Zeitraum von sechs Monaten müssen sie jedoch betreut werden.
Zu verrichtende Aufgabenfelder sind: Alltägliche Betreuung der Bewohner, Beratung hinsichtlich der Asylverfahren und Antragsgestaltung, Unterstützung bei der Kommunikation mit Ämtern und Behörden, Vermittlung an Fachstellen und die Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Institutionen. Neben diesen genannten Tätigkeiten gibt es natürlich noch weitere Beschäftigungen in der Flüchtlingsarbeit; hier ist beispielsweise die Öffentlichkeitsarbeit zu nennen; weiterhin werden aktuell vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zahlreiche Entscheider (Verwaltung im gehobenen Dienst; Bearbeitung von und Entscheidung über Asylanträgen) und Bürosachbearbeiter gesucht. Da hier der direkte religionswissenschaftliche Bezug nicht so stark vorhanden ist, werden diese hier auch nicht weiter behandelt.
Vorteile von religionswissenschaftlichen Kompetenzen für die Integration
Integration ist ein langwieriger Prozess. Ziel der Integration ist es ein anerkanntes Mitglied der „neuen Gesellschaft“ zu werden. Die Betreuung der Asylsuchenden ist der erste Schritt der Integration. Für eine gelungene Integration ist es von Vorteil, die einzelnen Individuen da abzuholen, wo sie herkommen. Religionswissenschaftler haben spezifische Kompetenzen, die sie von Sozialarbeitern abgrenzen und die sie im Bereich der Flüchtlingsarbeit zielführend einbringen können:
Interkulturelle Kompetenzen
Flüchtlinge können natürlich aus aller Welt von allen möglichen Kulturen und Religionen kommen. Der überwiegende Teil der Flüchtlingswelle ab 2012 ist jedoch dem Islam zuzuschreiben. Der Islam ist allerdings kein monolithischer Block und unterscheidet sich stark in der religiösen Orientierung. Während dies in den verschiedenen islamischen Ländern kein Problem darstellt, so sind unter den Flüchtlingen und besonders in Deutschland allgemein nahezu alle Orientierung vertreten. Dem normal geschulten Sozialarbeiter wird es hier nicht – im Gegensatz zu dem Religionswissenschaftler oder aber auch Islamwissenschaftler – möglich sein, auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Individuen während ihrer Integration einzugehen oder sie zu verstehen.
Sprachliche Kompetenzen
Damit der bereits erwähnte Integrationsprozess überhaupt stattfinden kann, müssen die Asylsuchenden die deutsche Sprache erlernen. Die schwierigste Phase ist hierbei der Anfang. Gerade in den ersten sechs Monaten des Integrationsprozesses können aufgrund von Sprachbarrieren Schwierigkeiten entstehen.4 Deswegen ist es umso wichtiger, dass gerade in diesem Stadium solche Personen in den Flüchtlingsheimen arbeiten, die die Muttersprache/n der Flüchtlinge beherrschen. Absolventen der Religionswissenschaft haben je nach persönlichem Interesse mind. eine, meistens aber auch zwei verschiedene Sprachen erlernt.
Im Rahmen eines 2-Fach-Bachelorstudiums wird häufig die Kombination von Religions- und Islamwissenschaft gewählt. Gerade solche Absolventen sind fähig, ein für den Integrationsdienst mit Muslimen ausreichendes Arabisch zu sprechen. Aber auch Sprachen wie Kurdisch, Persisch oder Türkisch können von großer Hilfe sein.
Fehlende Sozialkompetenz seitens der Religionswissenschaft
Ein vergleichender Blick auf die Lehrinhalte zeigt die Unterschiede zwischen den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften. Hier gibt es nicht nur die Sozialpädagogik, sondern auch gesundheitswissenschaftliche Grundlagen der sozialen Arbeit. Diese Defizite können jedoch durch diverse Praktika und staatliche Weiterbildungen behoben werden.
Zugangsmöglichkeiten [Bearbeiten]
Bei vielen Stellen im Bereich der Flüchtlingshilfe wird ein abgeschlossenes Studium aus den Bereichen Sozialpädagogik, Sozial-, Rechts- oder Politikwissenschaften oder ein vergleichbarer Abschluss vorausgesetzt. Religionswissenschaftler werden zurzeit in der Regel selten explizit gesucht; diese Präferenz ist auf die Verortung des sich bildenden Berufszweiges im Bereich der sozialen Arbeit zurückzuführen.
Aufgrund der wachsenden kulturellen und religiösen Diversität können Religionswissenschaftler jedoch einen wertvollen Beitrag leisten. Im Kontext der aktuellen Lage ist Interdisziplinarität wichtig. Als Einstiegsmöglichkeiten dienen Praktika oder ehrenamtliche Tätigkeiten.
Literatur [Bearbeiten]
Ceylan, Rauf: Der Islam in Deutschland. In: Karl-Heinz Meier-Brauen und Reinhold Weber (Hrsg.): „Migration und Integration in Deutschland“, Bonn: BPB 2013, S. 170-174.
Weblinks [Bearbeiten]
UNHCR (The UN Refugee Agency)
http://www.unhcr.de
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, November 2015.
https://www.bamf.de/
Einzelnachweise [Bearbeiten]
1.UNHCR (The UN Refugee Agency): Wer ist ein Flüchtling
http://www.unhcr.de/questions-und-answers/fluechtling.html
2.Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, November 2015.
https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/statistik-anlage-teil-4-aktuelle-zahlen-zu-asyl.pdf?__blob=publicationFile
3.NDR: Hintergrund: Flüchtlinge in Deutschland
http://www.ndr.de/nachrichten/Hintergrund-Fluechtlinge-in-Norddeutschland,fluechtlingehintergrund102.html
4.Bundeszentrale für politische Bildung: Integration und Sprache
http://www.bpb.de/apuz/30449/integration-und-sprache?p=all