Spener verstand sich als lutherischer Theologe und auch wenn sich der Pietismus als Epoche und Strömung unter anderem auf Grundlage seiner Theologie entwickelte gibt es Gemeinsamkeiten und eine gemeinsame Basis. Diese liegt in den vier Soli Luthers, insbesondere in sola scriptura. Sowohl in der lutherischen Orthodoxie als auch im Pietismus sind die biblischen Zeugnisse und die Exegese.
Während in der lutherischen Orthodoxie allerdings vor allem dogmatische Fragen stark diskutiert werden (insbesondere in den Streitigkeiten der Frühorthodoxie), gewichtet Spener die Exegese an die Spitze der theologischen Disziplinen. Außerdem wertet er die Praktische Theologie auf, da es ihm auf Grundlage des Evangeliums um den praktischen frommen Lebenswandel in Nächstenliebe geht. Außerdem wird in der lutherischen Orthodoxie ein großer Wert auf Auswendiglernen gelegt. Im Gegensatz zu dem starren Auswendiglernen und der Konzentrierung auf dogmatische Fragen betont der Pietismus das „Priestertum aller Gläubigen“ und die verstärkte Ausübung der Nächstenliebe.
Spener teilt des Weitere zwar Luthers Rechtfertigungslehre, ist allerdings interessierter an dem Lebenswandel. Ebenso wie bei Luther muss sich aus dem Empfang des Evangeliums auf Grundlage von Gnade etwas ändern, allerdings betont Spener diesen Aspekt mehr und ihm liegt deswegen an der Vervollkommnung des Menschen. Im Leben muss ein Wachstum der Heilung erkennbar werden. So ist für Spener das Evangelium weniger Trost (Luther), sondern vielmehr eine Anweisung zum Handeln.
Im Gegensatz zum Reformiertentum, das eine strenge Kirchendisziplin pflegt, gibt es im Pietismus eine andere Form der Gemeinschaft: Die Gläubigen bilden eine Weggemeinschaft, die sich gegenseitig ermahnen und unterstützen soll, ohne dass die Form einer ausgeprägten Kirchenzucht existiert. Beide Strömungen haben aber gemeinsam, dass sie zu “extremeren” Formen neigen. So ist im Reformiertentum das Bilderverbot und die Schlichtheit des Kirchraumes entscheidend. Im Pietismus wird auch eine bestimmte Frömmigkeit und “Einfachheit” gelebt: Verzicht auf Luxus, Schmuck und Vergnügung (wie bspw. in Hamburg das Untersagen der Opernbesuche).
Des Weiteren legt die reformierte Tradition, zum Beispiel im Heidelberger Katechismus, den Schwerpunkt auf die Anthropologie (der Mensch als schlechtes Wesen). Dem gegenüber geht es dem Pietismus um das religiöse Leben und die Ethik. Außerdem gibt es im Reformiertentum philosophischen Einflüsse im Bezug auf das Theologiestudium (Philosophie als Propädeutikum und dauerhaftes Handwerk oder im Ramismus). Spener spricht sich für eine Entschlackung des Theologiestudiums aus und auf eine Fokussierung auf das Evangelium.