Berufsfelder von ReligionswissenschafterInnen
(In-)Kompetenzen - Zugänge - Perspektiven
Kulturmanagement
Inhaltsübersicht
2. Kulturmanagement in der Breite [Bearbeiten]
2.1. „Litprom“ als nähergehendes Beispiel in Bezug auf religionswissenschaftliche Ansätze
2.2. Bezug zu religionswissenschaftlicher Methodologie
2.3. Fehlende skills in Bezug auf Religionswissenschaftler
Definition [Bearbeiten]
Management ist ein Komplex von Steuerungsaufgaben, die bei der Leistungserstellung und –Sicherung in arbeitsteiligen Systemen erbracht werden müssen. Es ist eine universelle gesellschaftliche Funktion und nicht auf kommerzielle Unternehmensbereiche beschränkt. Zum einen ist Management als Institution eine Gruppe von Personen mit „Anweisungsbefugnissen“ zum anderen ist Management als Funktion zu sehen. Bis heute gibt es kein einheitliches Verständnis, was konkret zu diesen Managementfunktionen gehört. (vgl. Hausmann 2011, S. 1 – 10). Ergo unterscheiden sich auch die Studienfakultäten und Ausbildungswege im engeren Bereich des Kulturmanagements. Dies liegt unter anderem auch daran, dass der Begriff in Deutschland als solches erst ab den 90gern aufkommt, während er in den USA und England schon seit den 1960ger-Jahren eine Bezeichnung für etwaige Studiengänge ist. (vgl. Mitchell/Wiesand 1997, S. 564ff.). Zurückzuführen ist das darauf, dass es in Deutschland seit dem 18. Jh. als staatliche Aufgabe gesehen wurde, Kultur zu finanzieren. (vgl. Klein 2003, S. 36ff.). Das Wort Kultur leitet sich vom lateinischen Substantiv „cultura“ ab, welches vom Verb „colere“ stammt mit den Bedeutungen: „drehen, wenden, bebauen“ und zweitens „anbeten“. (vgl. Hausmann 2011, S. 10). Im weiteren Sinne kann „Kultur“ im Deutschen entweder als Summe aller Produkte künstlerische Arbeit des Menschen verstanden werden und/oder als Lebensart (Kultiviertheit), die in ihren Interessen über das bloß Notwendige der Zivilisation herausgehen. (vgl. Klein 2003, S. 29 – 32). De facto sind Dies aber nur subjektive Deutungsversuche. Der Kulturbegriff hat zahlreiche Wandlungen erfahren (vgl. ebd., S. 26ff.) und variiert sehrt stark zwischen verschiedenen Gesellschaften, sofern es überhaupt die Äquivalente in den jeweiligen Sprachen gibt. Dementsprechend stellt sich die Frage, ob Kultur überhaupt ohne Bildung erfahrbar ist und was in nicht-westlichen Gesellschaften als Kultur verstanden wird. Der aktuelle Forschungsstand ermöglicht kein zusammenfassendes Resümee global vergleichender Analysen der kulturspezifischen Pragmatik und Semantik des Kulturbegriffs wie seiner Synonyme und funktionalen Äquivalente. (vgl. Straub 2007, S. 7ff.). So spielte die UNESCO-Kulturkonferenz Anfang der 1980er Jahre in Mexiko eine wichtige Rolle, „seit der sich ein an anthropologischen und ethnologischen Begrifflichkeiten orientiertes Verständnis international etabliert hat: Kultur wird als ‚Gesamtheit der unverwechselbaren geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Eigenschaften angesehen … die über Kunst und Literatur hinaus auch Lebensformen, Formen des Zusammenlebens, Wertesysteme, Traditionen und Überzeugungen umfasst‘“. (vgl. Hausmann 2011, S. 10 – 11).
Kulturmanagement in der Breite [Bearbeiten]
Verlage für Belletristik und außereuropäischer Literatur (vgl. Litprom 2015, Linkliste). Die großen staatlichen Theater und Opernhäuser Filmverleih u. ä. Bilateral/interkulturelle Austauschsorganisationen Auswärtiges Amt im Hinblick auf interkulturellen/religiösen Dialog und Imagepflege der deutschen Kultur (vgl. Auswärtiges Amt homepage 2015, Interkultureller Dialog)
„Litprom“ als nähergehendes Beispiel in Bezug auf religionswissenschaftliche Ansätze
Litprom ist keine gewinnorientierte Agentur, sondern finanziert sich über Zuschüsse vom kirchlichen Entwicklungsdienst der evangelischen Kirche und der Frankfurter Buchmesse. Sie steht allen Verlagen und Autoren aus Afrika, Asien und Lateinamerika zur Verfügung um deren literarische Produkte einer westlichen Leserschaft bekannt, verständlich und lesbar zu machen. Sie nimmt für ihre Tätigkeiten keine Gebühren oder Provision. Gegründet wurde sie 1980 von JournalistInnen, VerlegerInnen, ÜbersetzerInnen, ProfessorInnen, MitarbeiterInnen der Kirche, von Entwicklungshilfeorganisationen und der Frankfurter Buchmesse und vermittelt Kontakte zwischen den Buchmärkten in Afrika, Asien und Lateinamerika und dem deutschsprachigen Raum. Sie informiert über literarische Entwicklungen und Tendenzen in den 3 Kontinenten, macht interessante Werke ausfindig und empfiehlt sie für eine Übersetzung ins Deutsche. Via Mitteln des auswärtigen Amtes und der Schweizer Kulturförderung werden im Jahr ca. 20 Übersetzungen bezuschusst. Außerdem werden Übersetz-Workshops und Autorenlesungen z. Bsp. An Schulen und Messen konzipiert. (vgl. Kassler/LITPROM, 2015).
Bezug zu religionswissenschaftlicher Methodologie
Bezüge zur religionswissenschaftlichen Methodologie stellen in erster Linie die Anwendung und Übersetzung von/aus außereuropäischen Fremdsprachen dar. Dies zum Beispiel in Form des Arabischen, Persischen, Tamil, Koreanisch und Chinesisch. All diese genannten Sprachen sind zum einen moderne Literatur- und Verkehrssprachen, haben zum anderen aber auch stellenweise als Lithurgie- oder religiöse Quellensprachen gedient und werden bis dato in der bochumer Religionswissenschaft gelehrt. (vgl. CERES/Prof. Dr. Krech, 2015). An zweiter Stelle sei die Selbstreflexion der Literaturscouts über die Bedeutung von Religion in den Herkunftsländern der Neu-Autoren zu nennen. Dazu gehört auch, durch die vorteilhafte Außenperspektive Wahrheitsansprüche, die in der Literatur gegeben sind, objektiv und evtl. auch komparatistisch zu anderen Gruppen, Ethnien oder Klassen, denen der Autor innerhalb seiner Region wiederum nicht angehört, zu beurteilen (vgl. Nagel, S. 47ff.). Dieser foucault’sche Diskursansatz geht beinahe nahtlos in „postcolonial studies und der „subaltern“ Literaturkritik auf (vgl. Nandi 2009, S. 85ff.): Es soll hier Fragen nachgegangen werden, wie nach dem Informationswert von außereuropäischer Literatur, und ob diese Informationen wie oben erwähnt Wahrheiten über alle Individuen des Umfeldes liefern, dem der Autor angehört. So können außereuropäische Werke der Fiktion wichtige Informationsquellen und Kommunikationsmedien für Minderheiten, Klassen und/oder Geschlechter sein, die in Forschung oder Politik evtl. übergangen werden. (vgl. Fähndrich/Renée Reif 2014). Dazu kommen desweiteren Fragen wie:
kann eine Übersetzung ins Deutsche überhaupt authentisch sein? (vgl. Nandi 2009, S. 100ff.). Wurden/Werden koloniale Stereotype evtl. sogar in die eigene literarisierte Identität übernommen? (vgl. Ngozi Adichie 2009, „The danger of a single story“). kann man Werke übersetzen, die in den dortigen Ländern gebannt sind? kann man Prognosen über die Zukunft der Herkunftsgesellschaften ziehen, die sonst versäumt werden? (vgl. Fähndrich/Renée Reif 2014, Interview).
Fehlende skills in Bezug auf Religionswissenschaftler
Zu den fehlenden Teilbereichen religionswissenschaftlicher Fertigkeiten gehört mit Augenmerk auf die Arbeit mit Fremdsprachen zum einen die Frage nach der Detailtiefe. So ist fraglich ob die methodischen Module, die in Bochum zu außereuropäischen Fremdsprachen angeboten werden ausreichend sind, um z. Bsp. landesspezifische Dialekte des Arabischen und Persischen und auch Soziodialekte und Umgangssprache in den oben genannten Sprachen verstehen und bearbeiten zu können. Zumindest bei Arabisch und Persisch gibt es aber durchaus weitreichendes Angebot an Lektürekursen und Übungen zum Beispiel für ägyptischen Dialekt im Rahmen der Orientalistik und des Optionalbereichs. Ein weiterer Punkt mögen fehlende IT-Skills sein, die aber auch im Optionalbereich sowie am Rechenzentrum des Campus kostenlos erweitert werden können. (vgl. Kruse 2014). Ein allgemein größeres Manko stellt Absenz lateinamerikanischer und subsaharisch-afrikanischer Religionsgeschichte und Sprachen in den Seminaren und Lehrangeboten der Bochumer Religionswissenschaft dar. Dieser Problematik beizukommen ist recht schwierig und es kann nur auf allgemeine Einführungsvorlesungen zu Christentum und Islam verwiesen werden, sowie die Spanisch- und Portugiesischkurse des Optionalbereiches. (vgl. Henrich/Optionalbereich 2012). Das dritte Manko stellt die Fluktuation der postcolonial studies dar. Einige Thesen und Denker die in den religionswissenschaftlichen Einführungsveranstaltungen besprochen werden, gelten nicht mehr als kritiklos modern (vgl. Chibber 2015) und es muss in Anbetracht einer späteren Arbeit bei Organisationen wie Litprom von Eigeninitiative und –Interesse die Rede sein, will der Literaturscout nach neuesten literatur- und religionswissenschaftlichen Kriterien die vorgelegten Manuskripte evaluieren.
Anschlussmöglichkeiten durch Weiterbildung [Bearbeiten]
Eine spezielle Form des Masters ist der aus den USA stammende “Master of Business Administration (MBA). Zielgruppe sind u. a. Bachelorstudenten ohne wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung. Allerdings müssen Bewerber 2 bis 3 Jahre berufspraktische Erfahrung verfügen. Erlernt werden General Management Skills, d.h. Spezialwissen über Finanzierung, Marketing oder Human Resources. (vgl. Jansen 2004, S. 151). Abgesehen von der innerberuflichen Erfahrung wird oftmals die Möglichkeit vergessen, sich bereits vor dem Uni-Abgang ehrenamtlich in Studenteninitiativen zu engagieren. „Market-Team“ versammelt bspw. deutsche Studenten aus allen Fachbereichen zu Workshops, wo sie Problemlösungen erarbeiten und Diese vor Firmenvertretern präsentieren. „MTP“ überbrückt Lücken zwischen Theorie und Praxis im Marketing. „Geist und Wirtschaft in Köln“, „Bridge“ in Bremen und „Artes Liberales“ in Mannheim bauen auf lokaler Ebene Berührungsängste zwischen Geistes- und Wirtschaftswissenschaften ab. AIESEC organisiert Wirtschaftspraktika im Ausland. Der Bonner Verein „Orientation“ vermittelt medial akademisches, islamkundliches Wissen. (vgl. Jansen 2004, S. 135 – 136).
Quellen [Bearbeiten]
Auswärtiges Amt (2015): Interkultureller Dialog, URL: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/KulturDialog/InterkulturellerDialog/Uebersicht_node.html (Stand: 20.02.2015).
Chibber, Vivek (2015): How Does the Subaltern Speak?: An Interview with Vivek Chibber, URL: https://www.jacobinmag.com/2013/04/how-does-the-subaltern-speak/ (Stand: 20.02.2015).
Fähndrich, Hartmut/Reif, Ruth Renée (2014): Ich vermisse ein kontinuierliches Interesse an arabischer Literatur. Interview mit dem Übersetzer Hartmut Fähndrich, URL: http://de.qantara.de/inhalt/interview-mit-dem-uebersetzer-hartmut-faehndrich-ich-vermisse-ein-kontinuierliches-interesse (Stand: 20.02.2015).
Hausmann, Andrea (2011): Kunst- und Kulturmanagement. Kompaktwissen für Studium und Praxis, VS-Verlag.
Henrich, Christoph (2012): Optionalbereich. Gebiet 1: Fremdsprachen, URL: http://www.ruhr-uni-bochum.de/optionalbereich/sites/geb1/geb1_aktuelles.shtml (Stand: 20.02.2015).
Jansen, Simone (2004): Studienführer. Kulturwissenschaften, Eibelstadt: Lexika.
Kassler, Petra/LITPROM (2015): About Us, URL: http://www.litprom.de/about-us.html (Stand: 20.02.2015).
Kassler, Petra/LITPROM (2015): Our favourite Links. Verlage (alphabetisch), URL: http://www.litprom.de/links.html (Stand: 20.02.2015).
Klein, Armin (2003): Kulturpolitik. Eine Einführung, Opladen: Leske+Budrich.
Konrad, Elmar D. (Hrsg.) (2006): Unternehmertum und Führungsverhalten im Kulturbereich, Münster: Waxmann Verlag.
Krech, Prof. Dr. Volkhard/CERES (2015): Lehrveranstaltungen. GR02: Sprachliche und methodische Grundlagen der Religionsforschung, URL: http://www.ceres.rub.de/de/lehre/lehrveranstaltungen/ (Stand: 20.02.2015).
Kruse, Frau Dr. Barbara (2014): Kommentierte Vorlesungsverzeichnisse des RZ der RUB, URL: https://www.rz.ruhr-uni-bochum.de/dienste/ausbildung/vvz/Index.html (Stand: 20.02.2015).
Mitchell, Ritva/Wiesand, Andreas J. (1997): „’Arts Administration Studies’ in Europa. Neue Maßstäbe für die Qualifizierung von Führungskräften im Kultur- und Medienbereich?“, in: Hermann Rauhe/Christine Demmer (Hrsg.), Kulturmanagement: Theorie und Praxis einer professionellen Kunst, Berlin: Walter De Gruyter & Co, S. 553 – 567.
Nagel, Alexander-Kenneth (2011): „Zu den (In-)Kompetenzen von Religionswissenschaftlern“, In: Patrick Diemling/Juri Westermann (Hrsg.): Und was machst Du später damit? Berufsperspektiven für Religionswissenschaftler und Absolventen anderer Kleiner Fächer, Frankfurt a. M.: Peter Lang, S. 39 – 52.
Nandi, Miriam (2009): Gayatri Chakravorty Spivak. Eine interkulturelle Einführung, Nordhausen: Traugott Bautz.
Ngozi Adichie, Chimamanda (2009): The danger of a single story, URL: http://www.ted.com/talks/chimamanda_adichie_the_danger_of_a_single_story/transcript?language=en (Stand: 20.02.2015).
Straub, Jürgen (2007): „Kultur. Prolegomena, Darstellungsabsichten“, in: Jürgen Straub/Arne Weidemann/Doris Weidemann (Hrsg.): Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kompetenz, S. 7 – 25, Stuttgart/Weimar: Verlag J. B. Metzler.