RFID

1 Einleitung [Bearbeiten]

Es gibt zahlreiche, bereits auf dem Markt etablierte automatische Identifikationssysteme. Als Beispiel sollen zunĂ€chst Barcode- und Chipkarten-Systeme betrachtet werden. Barcode-Systeme begegnen uns bei jedem Einkauf im Supermarkt. Sie sind sehr kostengĂŒnstig, da der Barcode direkt auf den Artikel aufgedruckt werden kann. Der Nachteil liegt jedoch in der niedrigen SpeicherkapazitĂ€t (1~100 Byte) und der fehlenden Möglichkeit die enthaltenen Informationen nachtrĂ€glich zu verĂ€ndern. Dies schrĂ€nkt die Einsatzmöglichkeit des Barcode-Systems ein. Deutlich mehr SpeicherkapazitĂ€t (16~64 kByte) bieten Chipkarten, wobei diese, anders als Barcode-Systeme, eine Kontaktverbindung zum LesegerĂ€t benötigen. Hierdurch treten Abnutzungserscheinungen auf und Prozesse werden verlangsamt.

Eine seit mehreren Jahren erfolgreich etablierte Alternative stellen RFID-Systeme (RFID: Radio-Frequency Identification) dar. Sie arbeiten kontaktlos und bieten, je nach AusfĂŒhrung, ausreichend Speicherplatz und die Möglichkeit der Umprogrammierung. Noch sind sie jedoch zu teuer, um den Barcode aus den MĂ€rkten zu verdrĂ€ngen. Die Kosten fĂŒr einen Transponder, der nicht umprogrammierbar ist, aber mehr als 1-Bit an Informationen speichern kann, wĂŒrde momentan, bei einer erheblichen Anzahl an produzierten StĂŒckzahlen, ca. 3 Cent kosten. Dies ist in Relation zu gĂŒnstigen Produkten noch zu teuer. DafĂŒr könnten jedoch Kosten beim Personal eingespart werden, da der Bezahlvorgang durch die FunkĂŒbertragung völlig automatisiert stattfinden könnte. Schon heute sind diese Systeme in einigen Anwendungsbereichen nicht mehr weg zu denken. Sei es der Bezahlvorgang mit dem Studentenausweis in der Mensa oder die Identifizierung einer Person bei Sicherheitskontrollen.

2 RFID-System [Bearbeiten]

2.1 Bestandteile

Den grundsÀtzlichen Aufbau eines RFID-Systems zeigt Abbildung 1.

Bestandteile

Abb. 1: Aufbau eines RFID-Systems (1)

Das System setzt sich zusammen aus einem LesegerĂ€t, einem Transponder und einer FunkĂŒbertragungsstrecke, die zum Datenaustausch zwischen eben diesen beiden dient. Auf dem Transponder sind die eigentlichen Informationen gespeichert. Diese können mit Hilfe des LesegerĂ€tes ausgelesen und ggf. auch in einen integrierten, wiederbeschreibbaren Chip geschrieben werden. Die FunkĂŒbertragungsstrecke ist nicht eindeutig definiert, so können unterschiedliche Verfahren genutzt werden, um den Datenaustausch kontaktlos zu bewerkstelligen. Werden passive Transponder verwendet, also jene die nicht ĂŒber eine eigene, unabhĂ€ngige Energieversorgung verfĂŒgen, muss zudem eine ausreichend hohe EnergieĂŒbertragung vom LesegerĂ€t zum Transponder stattfinden, um diesen mit Energie zu versorgen.

2.2 FrequenzbÀnder

Bei RFID gibt es Richtlinien, welche die nutzbaren Frequenzbereiche und die jeweilige maximale Sendeleistung festlegen. Eine Übersicht ĂŒber wichtige Frequenzbereiche zeigt Abbildung 2.

Frequenzen

Abb. 2: FrequenzbĂ€nder fĂŒr RFID (2)

Es ist zu erkennen, dass RFID-Systeme bei ganz unterschiedlichen Frequenzen genutzt werden, vom niederfrequenten Bereich unter 135 kHz bis hin zu mehreren GHz. In den entsprechenden Frequenzbereichen werden unterschiedliche physikalische PhĂ€nomene zur FunkĂŒbertragung genutzt, womit es eine große Vielfalt bei der technischen Umsetzung gibt. Problematisch ist der Frequenzbereich um 900 MHz, da hier unterschiedliche Frequenzen in Europa und den USA genutzt werden. Dies treibt die Entwicklungs- und Produktionskosten hoch, da die Systeme an die entsprechenden Frequenzbereiche angepasst werden mĂŒssen.

2.3 Unterscheidungsmerkmale

Es gibt eine eine Vielzahl an Unterscheidungsmerkmale von RFID-Systemen und demzufolge entsprechend viele Kombinationsmöglichkeiten. Im folgenden soll demnach nur das momentan am weitesten verbreitete Verfahren zur DatenĂŒbertragung, die Lastmodulation, vorgestellt werden. Die Lastmodulation wird bei induktiver Kopplung zwischen LesegerĂ€t und Transponder im Radiofrequenzbereich (hier: 13,56 MHz) genutzt. Das entsprechende System soll im weiteren Verlauf nach und nach von einem 1-Bit zu einem N-Bit System entwickelt werden.

2.4 passiv / aktiv

ZunĂ€chst soll nur kurz auf den Unterschied zwischen aktiven und passiven Transpondern hingewiesen werden. Passive Transponder werden vollstĂ€ndig ĂŒber Funk vom LesegerĂ€t mit Energie versorgt. Transponder, die eine Batterie zur UnterstĂŒtzung der Energieversorgung fĂŒr den Chip enthalten, werden als semi-passiv bezeichnet. Aktive Transponder haben eine völlig unabhĂ€ngige Energieversorgung. Im weiteren Verlauf werden ausschließlich passive Transponder betrachtet.

3 1-Bit Transponder
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ZunĂ€chst soll ein einfaches RFID-System betrachtet werden, welches nur 1-Bit ĂŒbertragen kann. In einem solchen System gibt es somit nur zwei ZustĂ€nde, die meistens mit „Transponder ist oder ist nicht im Ansprechbereich“ umschrieben werden können. Das Hauptanwendungsfeld solcher Systeme ist die elektronische Diebstahlsicherung. Auch hier ist der Einsatz verschiedener Verfahren in unterschiedlichen Frequenzbereichen denkbar.

3.1 Realisierung im RF-Band mittels induktiver Kopplung

Eine Realisierung mittels induktiver Kopplung zeigt Abbildung 3.

1Radiofrequenz

Abb. 3: Funktionsprinzip des EAS-Radiofrequenzverfahrens(1)

Der Transponder wird hier, aufgrund seines Hauptanwendugsfeldes als Warensicherungsetikett, als EAS-(Electronic Article Surveillance)-Label bezeichnet. Im Transponder befindet sich ein LC-Schwingkreis mit der Resonanzfrequenz $$ f_\mathrm{R} $$. Durch die Generatorspule wird ein magnetisches Wechselfeld erzeugt, das einen Strom im Schwingkreis des Transponders induziert. Ist die Frequenz des erzeugten Wechselfeldes gleich der Resonanzfrequenz $$ f_\mathrm{R} $$ des Schwingkreises im Transponder, so fĂ€ngt dieser an zu schwingen und erzeugt somit ein eigenes Wechselfeld, welches nach der Lenz’schen Regel dem Feld der Generatorspule entgegenwirkt. Dies bewirkt einen Spannungsabfall ĂŒber der Generatorspule. Das Problem ist jedoch, dass dieser Spannungsabfall zu gering ist, um sicher detektiert werden zu können. Da der Transponder auch bei Frequenzen um $$ f_\mathrm{R} $$ einen Spannungsabfall an der Generatorspule verursacht, wird anstelle einer konstanten Frequenz ein so genanntes „Wobbelsignal“ gesendet. Somit ergibt sich ein ausgeprĂ€gter Dip der Spannung an der Generatorspule, was eine sicherere Detektion des Transponders ermöglicht. Das induktiv gekoppelte System kann auch als Transformator und somit der Schwingkreis im Transponder als transformierte Last am LesegerĂ€t interpretiert werden. So ergibt sich der in Abbildung 4 gezeigte Verlauf, in dem der Dip deutlich zu erkennen ist.

1Impedanz

Abb. 4: Impedanz-“Dip“ an der Generatorspule bei $$ f_\mathrm{R} $$(1)

3.1.1 Deaktivierung des Transponders

Um den Transponder zu deaktivieren, wird von dem so genannten Deaktivator ein ausreichend starkes Magnetfeld erzeugt, sodass die induzierte Spannung den Folienkondensator des Schwingkreises zerstört. Infolgedessen ist der Schwingkreis verstimmt und fÀngt bei Anregung um $$ f_\mathrm{R} $$ nicht mehr an zu schwingen, wodurch eine Detektion des Transponders nicht mehr möglich ist.

3.1.2 Typische Bauform und Systemparameter

Eine typische Realisierung einer Antenne, in Form einer Rahmenantenne, zeigt Abbildung 5. Diese sind hĂ€ufig am Ein- und Ausgang von KaufhĂ€usern mit einer Schleusenbreite von ca. 2 m zu finden. Da bei diesem System eine induktive Kopplung verwendet wird, ist der maximale Abstand vom LesegerĂ€t/Generatorspule zum Transponder auf $$ \lambda /2\pi $$ (Grenze des Nahfeldes) festgelegt, was bei einer Frequenz von 13,56 MHz ca. 3,52 m entspricht. Außerdem zeigt Abbildung 5 ein Klebeetikett. Oft befinden sich solche Klebeetiketten auf der RĂŒckseite von Barcodes.

1Bauform

Abb. 5: Typische Rahmenantenne und Klebeetikett(1)

Abschließend sollen typische Systemparameter erwĂ€hnt werden. Die minimale DeaktivierungsfeldstĂ€rke, um den Transponder zu deaktivieren, belĂ€uft sich auf 1,5 A/m und die maximale FeldstĂ€rke im Detektionsbereich auf 0,9 A/m, sodass ausreichend Reserve vor der Deaktivierung des Transponders vorhanden ist.

4 N-Bit Transponder [Bearbeiten]

In diesem Abschnitt soll der zuvor diskutierte 1-Bit Transponder im RF-Bereich um einen Chip erweitert werden, sodass mehr Informationen (nicht nur aktiviert/deaktiviert) im Transponder gespeichert werden können. Diese Transponder werden allgemein als N-Bit Transponder bezeichnet. Bevor jedoch die technische Umsetzung diskutiert wird, sollen zunÀchst die verschiedenen, möglichen Betriebsarten (Abb. 6) betrachtet werden.

4.1 Betriebsarten von Transpondern

NDuplex

Abb. 6: Energie- und SignalĂŒbertragung bei Voll-, Halbduplex- und sequentiellen Verfahren(1)

Wie bereits zu Anfang erwĂ€hnt, werden nur passive Transponder betrachtet. Da der im Transponder integrierte Chip dennoch mit Energie versorgt werden muss, ist es notwendig, Energie aus dem magnetischen Feld des LesegerĂ€tes zu erhalten. Beim Voll- und Halbduplex Verfahren (FDX, HDX) findet eine konstante EnergieĂŒbertragung vom LesegerĂ€t zum Transponder statt. Der Unterschied zwischen diesen beiden Verfahren besteht darin, dass die DatenĂŒbertragung bei Vollduplex in beide Richtungen, vom LesegerĂ€t zum Transponder (downlink) und vom Transponder zum LesegerĂ€t (uplink), simultan stattfindet, wohingegen beim Halbduplex Verfahren die DatenĂŒbertragung der beiden KanĂ€le zeitlich getrennt ablĂ€uft. Die Abbildung zeigt außerdem einen Spezialfall des Halbduplex Verfahrens, wo die EnergieĂŒbertragung wĂ€hrend des uplinks unterbrochen ist. Dieses Verfahren wird hier als sequentiell (SEQ) bezeichnet. Bei der technischen Umsetzung muss demzufolge  Energie fĂŒr den uplink, z.B. in einem Kondensator, zwischengespeichert werden. 

Da bei dem Halbduplex Verfahren die Daten nicht simultan ĂŒbertragen werden, kann fĂŒr den uplink das Sendesignal vom LesegerĂ€t manipuliert werden, um die Daten vom Transponder zum LesegerĂ€t zu ĂŒbertragen. Hier kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz. Bei Frequenzen ĂŒber 100 MHz hat sich der modulierte RĂŒckstrahlquerschnitt etabliert und unter 30 MHz die Lastmodulation mit und ohne HilfstrĂ€ger. Sollen Daten im Vollduplexverfahren ausgetauscht werden, darf das Sendesignal vom LesegerĂ€t nicht manipuliert werden, da hier bereits ein Signal fĂŒr die DatenĂŒbertragung vom LesegerĂ€t zum Transponder aufmoduliert ist. Somit muss der Transponder auf einer subharmionischen oder gar anharmonischen Frequenz senden.

4.2 Lastmodulation ohne HilfstrÀger

Nun soll das zu Anfang betrachtete 1-Bit RFID System um einen Chip erweitert werden (Abb. 7).

NSpannungsversorgung

Abb. 7: Energieversorgung eines induktiv gekoppelten Transponders(1)

FĂŒr die Energieversorgung wird der im Parallelschwingkreis des Transponders induzierte Strom verwendet. Da dort eine Wechselspannung anliegt, muss diese zunĂ€chst gleichgerichtet werden, um den Chip mit Energie versorgen zu können. Auch im LesegerĂ€t befindet sich ein Parallelschwingkreis, gebildet aus der Sendeantenne und der KapazitĂ€t $$ C_\mathrm{T} $$, dessen Resonanzfrequenz der Sendefrequenz des LesegerĂ€tes entspricht. Durch die ResonanzĂŒberhöhung fließen hohe Ströme durch die Antenne, wodurch eine hohe FeldstĂ€rke fĂŒr die Energieversorgung auch entfernterer Transponder erreicht wird. 

Im Folgenden soll die Funktionsweise der Lastmodulation durch ein Gedankenspiel motiviert werden. HierfĂŒr rufe man sich die Funktionsweise des 1-Bit Transponders in Erinnerung. Ist der Transponder im Ansprechbereich, wird beispielsweise eine 1 ĂŒbertragen, ist er es nicht, eine 0. So könnten Daten manuell ĂŒbertragen werden, indem der Transponder entsprechend der zu ĂŒbertragenen Bitfolge entweder im Ansprechbereich gehalten werden wĂŒrde oder nicht. Auch könnten diese beiden ZustĂ€nde als unterschiedlich transformierte Lasten am LesegerĂ€t interpretiert werden. Anstatt die transformierte Last manuell zu verĂ€ndern kann diese durch Zu- und Abschalten eines Lastwiderstandes im Transponder und somit auch die Spannung an der Antenne des LesegerĂ€tes verĂ€ndert werden. Dies entspricht einer Amplitudenmodulation, die durch Gleichrichtung der Spannung am LesegerĂ€t demoduliert werden kann. Abbildung 8 zeigt eine typische Realisierung. Hier wird ein Transistor $$ T $$ im Transponder durch den Chip zu- oder abgeschaltet, um die Last zu Ă€ndern. Leider besteht auch hier das Problem, dass die SpannungsĂ€nderung am LesegerĂ€t nur sehr klein ist. Praxisnahe Werte sind eine Antennenspannung von 100 V, was durch die ResonanzĂŒberhöhung erreicht wird, und ein Nutzsignal von 10 mV. Somit mĂŒsste eine Dynamik von 80 dB detektiert werden, was einen erheblichen schaltungstechnischen Aufwand bedeuten wĂŒrde.

NLastmodulation

Abb. 8: Lastmodulation(1)

4.3 Lastmodulation mit HilfstrÀger

Eine alternative stellt die Lastmodulation mit HilfstrÀger dar. Hierbei wird der Lastwiderstand mit einer Frequenz $$ f_\mathrm{H} $$ geschaltet. Dadurch entstehen Spektrallinien bei $$ f_\mathrm{T} \pm f_\mathrm{H} $$ (Abb. 9).

NLastmodulationHilfstr%C3%A4ger2

 

Abb. 9: Modulationsprodukte durch Lastmodulation mit HilfstrÀger und TrÀgersignal(1)

Dies entspricht einem amplitudenmodulierten Signal mit der TrÀgerfrequenz $$ f_\mathrm{T} $$, welche in diesem Fall gleich der Resonanzfrequenz $$ f_\mathrm{R} $$ der beiden Schwingkreise ist. Die Frequenz $$ f_\mathrm{H} $$ darf nicht zu hoch gewÀhlt werden, da sonst das modulierte Signal von den Parallelschwingkreisen, welche eine Bandpasscharakteristik um $$ f_\mathrm{R} $$ aufweisen, zu stark gedÀmpft wird.

Um das Signal im LesegerĂ€t zu demodulieren, wird zunĂ€chst eins der beiden Modulationsprodukte durch einen Bandpassfilter mit der entsprechenden Mittenfrequenz ($$ f_\mathrm{T}+f_\mathrm{H} $$ oder $$ f_\mathrm{T}-f_\mathrm{H} $$) im LesegerĂ€t rausgefiltert und anschließend demoduliert (Abb.10).

NLastmodulationHilfstr%C3%A4ger

Abb. 10: Lastmodulation mit HilfstrÀger(1)

5 Zusammenfassung und Ausblick [Bearbeiten]

RFID-Systeme ermöglichen eine kontaktlose, automatische Identifikation. Das zurzeit meist genutzte Frequenzband liegt um 13,56 MHz. Es wurde hierfĂŒr zunĂ€chst eine Realisierung eines 1-Bit Transponders mit induktiver Kopplung vorgestellt. Hauptanwendungsfeld derartiger Transponder ist die elektronische Diebstahlsicherung. Darauf aufbauend wurde die Funktionsweise eines N-Bit Transponders entwickelt, der durch Lastmodulation das magnetische Feld des LesegerĂ€tes fĂŒr die DatenĂŒbertragung direkt beeinflusst.

RFID ist ein sehr zukunftstrĂ€chtiges Identifikationsverfahren, welches jedoch fĂŒr einige Anwendungsbereiche noch zu teuer und unsicher ist.

6 Literaturverzeichnis [Bearbeiten]

  1. K. Finkenzeller, "RFID-Handbuch", Carl Hanser Verlag, 2006

  2. C. Kern, "Anwendung von RFID-Systemen", Springer Verlag, 2006