9.1 Vektorräume (Fortsetzung)

Definition (Untervektorraum):

Sei \(V\) irgendein reeller Vektorraum. Ein Untervektorraum (oft auch einfach Unterraum) von \(V\) ist eine Teilmenge \(U\subset V\), die die beiden Bedingungen

\( \vec{u}_1,\vec{u}_2\in U \;\;\Rightarrow\;\;\vec{u}_1+\vec{u}_2\in U\;\;\) und

\( \vec{u}_1\in U,\lambda\in\mathbb{R} \;\;\Rightarrow\;\;\lambda\vec{u}_1\in U\)

erfüllt.


Ein Unterraum von \(V\) ist daher eine Teilmenge von \(V\), die selbst ein Vektorraum ist. Anschaulich ist ein Untervektorraum eine Teilmenge von \(V\), die "so aussieht wie eine Ebene oder eine Gerade im Raum".

Für jeden Vektorraum \(V\) sind daher \(V\) selbst und die Menge \(\{ \vec{0}\} \) Untervektorräume von \(V\). Interessant ist allerdings meistens, ob es noch weitere Untervektorräume gibt.

Beispiel 1:
Sei \(A\) eine \(n\times n\)-Matrix. Dann ist die Lösungsmenge des linearen Gleichungssystems \(A\vec{x}=\vec{0}\) ein Untervektorraum des \(\mathbb {R}^n\), denn wenn wir die Lösungsmenge mit

\(L=\{\vec{x}\in\mathbb{R};\;A\vec{x}=\vec{0}\}\)

bezeichnen, dann gilt:
  • \(\vec{x}_1,\vec{x}_2\in L \;\;\Rightarrow\;\; A\vec{x}_1=A\vec{x}_2=\vec{0}\;\;\Rightarrow\;\; A(\vec{x}_1+\vec{x}_2)=\vec{0}\;\;\Rightarrow\;\; \vec{x}_1+\vec{x}_2 \in L\)

    Mit zwei Lösungen \(\vec{x}_1\) und \(\vec{x}_2\) ist also auch deren Summe eine Lösung.
  • \(\vec{x}_1 \in L\;\; \Rightarrow \;\; A\vec{x}_1=\vec{0}\;\;\Rightarrow\;\; \lambda A\vec{x}_1=A(\lambda \vec{x}_1)=\vec{0}\;\;\Rightarrow \;\;\lambda \vec{x}_1 \in L\)

    Auch alle Vielfachen von Lösungen sind selbst eine Lösung.

Beispiel 2:
Im \(\mathbb{R}^3\) ist die Menge \(\{ (x,y,z)\in \mathbb {R}^3;\; 2x+3y=3x-2z\} \) ein Untervektorraum.

Beispiel 3 (Magische Quadrate):

Ein magisches Quadrat der Ordnung \(n\) ist eine quadratische Anordnung von \(n^2\) Zahlen, bei der die Summe in jeder Zeile, jeder Spalte und in den beiden Diagonalen denselben Wert ergibt. Ein magisches Quadrat kann man als eine \(n\times n\)-Matrix mit bestimmten Eigenschaften auffassen.

Ausschnitt aus einem Kupferstich von Dürer, der ein magisches Quadrat zeigt.

Man überlegt sich leicht, dass Summen und Vielfache von magischen Quadraten wieder magische Quadrate sind und dass daher die magischen Quadrate einen Vektorraum bilden (falls man dabei zulässt, dass die Koeffizienten und damit auch die Zeilensummen und Spaltensummen) nicht ganzzahlig sein müssen.

Eine interessante Frage ist dabei: Durch wieviele Einträge ist ein magisches Quadrat der Größe 3x3 oder 4x4 bereits vollständig festgelegt?

Komplexe Vektorräume

(Fast) alles, was wir für reelle Vektorräume gemacht haben, kann man ganz genauso definieren und zeigen, wenn man als Zahlen, also Einträge der Vektoren und Vorfaktoren, komplexe Zahlen zulässt. So besteht der Vektorraum \(\mathbb{C}^2\) aus den Vektoren

\(\vec{z}=\left(\begin{array}{c}z_1\\z_2\end{array}\right)\)

mit \(z_1,z_2\in \mathbb{C}\). Man beachte, dass dann beispielsweise

\(\left(\begin{array}{c}1\\i\end{array}\right)\text{ und } \left(\begin{array}{c}-i\\1\end{array}\right)\)

zwei linear abhängige Vektoren im \(\mathbb {C}^2\) sind, da

\((-i)\cdot \left(\begin{array}{c} 1\\ i \end{array}\right) = \left(\begin{array}{c}(-i)\cdot1 \\ (-i)\cdot i\end{array}\right)= \left(\begin{array}{c}-i \\ 1\end{array}\right)\)

Ein kleiner Unterschied ist beim Skalarprodukt zu beachten. Für zwei Vektoren \(\vec{w}\) und \(\vec{z}\) im \(\mathbb{C}^n\) ist

\(\vec{w}\cdot\vec{z}=w_1\overline{z_1}+w_2\overline{z_2}+\ldots+w_n\overline{z_n}\)

d.h. in der zweiten Komponente benutzt man den komplex konjugierten Vektor. Auf diese Weise wird

\(\vec{z}\cdot\vec{z}=z_1\overline{z_1}+z_2\overline{z_2}+\dots+z_n\overline{z_n}=|z_1|^2+|z_2|^2+\ldots+|z_n|^2\)

eine reelle Zahl, so dass man als Betrag des Vektors \(\vec{z}\) wieder

\(|\vec{z}|=\left(\vec{z}\cdot\vec{z}\right)^{1/2}=\left(|z_1|^2+|z_2|^2+\ldots+|z_n|^2\right)^{1/2}\)

setzen kann.

Zuletzt geändert: Mittwoch, 5. März 2025, 13:48