Fragen bzgl. Einfluss der Legierungselemente auf H-Versprödung

Fragen bzgl. Einfluss der Legierungselemente auf H-Versprödung

von Puya Sabeti -
Anzahl Antworten: 6

Hallo Herr Prof. Weber,

mich beschäftigen vier Unklarheiten.

Wie kann man die Überlagerung bei krz-Stabilisatoren/Ferritbildner (wie Cr, Al, Si...) einordnen? Meint man mit Überlagerung, dass krz-Stabilisatoren sich sowohl "positiv" wegen der delta- Ferritbildung auswirken als auch negativ durch begünstigte Martensitbildung.? Oder meint man das am Bsp. Cr eigentlich Ferrit stabilisiert wird und uneigentlich durch die Umwandllungsverzögerung auch Austenit während der Urformung stabilisiert wird? Allgemein gilt ja, dass je mehr Ferrit-Äquivalent im Volumen drin ist, desto schlechter die H-Versprödungsbeständigkeit. (Frage 1) 

Wieso reicht der niedrige Kohlenstoff- und relativ niedrige Nickelgehalt vom 1.4307/X2CrNi18-9 (AISI 304L) aus, um den Austenit als Einlagerungsmischkristall in einem entsprechend hohen γ Vol.% vorzulegen, damit man vom austenitischen Stahl sprechen kann? Laut Schäffler Diagramm liegt hier etwa A+M+10%F vor. Wie stark schwanken beim 1.4307 die Austenit- und Martensitanteile, wenn nicht umgeformt, mech. OF bearbeitet oder tiefgekühlt wird?  (Frage 2) 

Könnte man pauschal sagen, dass umwandlungsverzögernde Elemente wie Cr (und Al, Si...), unabhängig von der Prozessierung, Mikroseigerungen begünstigen oder behindern? (Frage 3)

Ist mit thermodynamisch metastabilem Austenit (Gibbs-Energie↑) nicht nur Restaustenit gemeint, sondern auch allgemein die Verringerung der lokalen Austenitstabilität infolge einer Mikroseigerung (z.B. high Ni segregation band- lokale Verarmungen im γ-MK)? (Frage 4)

Haben Sie vielen Dank voraus!


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Re: Fragen bzgl. Einfluss der Legierungselemente auf H-Versprödung

von Puya Sabeti -
Erg. zu Frage2: Kann man behaupten, dass das Quadrieren von Delta G (vermutlich weitaus komplexerer Ansatz) über verschiedene räumliche Standorte im Werkstoff aus der Varianzanalyse (innerhalb der Berechnung der ersten Ordnung) resultierenden Variogrammfunktion hergeleitet werden kann, um die z.B. lokale Austenitstabilität unter gegebenen Prozessparameter (z.B. Partitionierungskoeff.) vorherzusagen? Makroskopisch kann man ja einen Deltascope zur Hand nehmen und global die Austenitstabilität bzw. -verteilung messen (was nur hinreichend von belangen ist) aber über EDX/XRD...-Mappings hinaus können dann in Zukunft immer präzisiere Voraussagen bzgl. lokaler Austenitstabilität bei gegeben Prozessparametern in einer Mat.wis. Datenbank auf dieser Basis simuliert werden, richtig?
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Re: Fragen bzgl. Einfluss der Legierungselemente auf H-Versprödung

von Puya Sabeti -
Frage 4 gerne vernachlässigen! RA ist metastabil und durch Mikroseigerung kann lokal der gamma-MK instabil werden.
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Re: Fragen bzgl. Einfluss der Legierungselemente auf H-Versprödung

von Puya Sabeti -
Frage 2 können Sie auch vernachlässigen! Ich würde gerne nur sicher wissen, was mit der Überlagerung gemeint ist und welche Effekte höhere Cr-gehalte auf die Umwandlung haben?
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Re: Fragen bzgl. Einfluss der Legierungselemente auf H-Versprödung

von Puya Sabeti -
Bei 304L wird ja ein sehr niedriger C-gehalt eingestellt, damit sich keine Chromkarbide bilden können. Verbleibt Cr(krz) nach dem Erstarren hauptsächlich im delta Ferrit?
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Re: Fragen bzgl. Einfluss der Legierungselemente auf H-Versprödung

von Puya Sabeti -
Ich glaube ich kann mein Problem einordnen! -> Durch die Zugabe von Cr am Bsp. metastabiler austenitischer Stahl (1.4301/1.4307) wird die Ms-Temperatur stark gesenkt bzw. T0 wird durch Cr-Zugabe in Richtung niedrigeren Temperaturen (nach links) verlegt, daher Gefüge (mit höheren RA-gehalte) nicht im Equilibrium. Deswegen auch die diffusionslose Umwandlung (T0-Kriterium) in Martensit bei tiefen Temperaturen.
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Re: Fragen bzgl. Einfluss der Legierungselemente auf H-Versprödung

von Sebastian Ludger Weber -
Sehr geehrter Herr Sabeti,

Sie sind, wenn ich Sie richtig verstehe, zu dem richtigen Schluss gekommen: Cr stabilisiert zwar die bcc-Phase, wirkt sich aber auch stabilisierend auf die diffusionslose Umwandlung des Austenits in den alpha-Martensit aus. Das lässt sich an der Absenkung der M_s-Temperatur durch Cr erkennen und über eine Verschiebung der T0-Temp. zu niedrigeren Werte interpretieren. Niedrige C-Gehalte sind erforderlich für eine hohe Korr.-Best., vor allem nach lokalem Wärmeeintrag. Mikroseigerungen entstehen überwiegend während der Erstarrung, sind als eine Ergebnis des Urformens und treten für alle enthalteten Elemente auf. Der Begriff "Restaustenit" wird für metastabile aust. Stähle nicht verwendet, aber thermodynamisch gesehen ist das natürlich das Gleiche.

Viele Grüße
S. Weber