
Anhand ausgewählter Klagetexte des Hiobbuches (u. a. Hi 3.7.9f.12-14) erkunden wir, worüber Hiob genau klagt, woran er leidet und welche Lösungen er diskutiert. Die Einordnung, Hiob klage allein über sein unverdientes Leiden und widme sich im Zuge dessen der Theodizeefrage, soll dabei als unzureichende Verkürzung infrage gestellt werden. Stattdessen werden die hebräischen Texte nach Fragen und Antworten Hiobs durchforscht. Dabei kommen u. a. der plötzliche Verlust seines Eigentums und seiner Kinder, der Verlust seiner Gesundheit und Identität, die mangelnde Unterstützung der Freunde, ein feindlicher Gott sowie der sog. Tod im Leben und Hiobs Nicht-sterben-Dürfen in den Blick. Das Seminar tangiert neben typisch alttestamentlichen Gattungsfragen (z. B.Was ist Klage, Weisheit, Streitgespräch, Auseinandersetzungsliteratur?) und alttestamentlicher Traditionsgeschichte (u. a. Todesvorstellungen, Trauerriten, Gottesbilder) sowohl systematisch-theologische Fragen (wie die Ursache und den Sinn von Leiden oder den deus absconditus) als auch psychologische Forschungsgebiete (Trauervorgänge, Trauma, Identitätsverlust).
- Kursleiter/in: Anja Marschall