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„Die Ästhetik“, so erklärt Alexander Gottlieb Baumgarten im ersten Satz seiner Aesthetica von 1750/1758, „als Theorie der freien Künste, als untere Erkenntnislehre, als Kunst des schönen Denkens und als Kunst des der Vernunft analogen Denkens ist die Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis“. Ein Kunstwerk ist nun nicht mehr, was in Einklang mit einem über die Jahrtausende überlieferten komplexen Regelwerk aus Poetik und Rhetorik hervorgebracht wurde. Ein Kunstwerk ist, was sich selbst seine Form gibt, begleitet von der Theorie der Ästhetik, welche selbst zur „Kunst des schönen Denkens“ wird. So wird das Kunstwerk aus alten Hierarchien herausgelöst; die Theorie der Ästhetik schafft aber auch neue: Spätestens bei Immanuel Kant wird sie zu einer Lehre des Geschmacksurteils. Das Subjekt dieses Urteils aber scheint offensichtlich der – grundsätzlich als weiß und männlich konzipierte – Bürger zu sein, dessen Erkenntnisvermögen mit der Welt übereinstimmt. Er sieht sich den Geschmäckern und Gerüchen der Produkte gegenüber, die von versklavten Menschen in den Kolonien angebaut und geerntet wurden. In diesem Sinne hat neuere Theorie das „racial regime of aesthetics“ (David Lloyd) kritisiert und eine „Anteaesthetics“ entworfen, die vor der „antiblack aesthetics“ (Rizvana Bradley) der Moderne einsetzt.

Und doch liegt in der Herauslösung der Theorie der Ästhetik aus dem Gefüge von Poetiken und Rhetoriken auch ein emanzipatorisches Versprechen. Es findet sich insbesondere in Jacques Rancières Denken der „Aufteilung des Sinnlichen“ ausgesprochen – einer Zuteilung von Möglichkeiten der Teilhabe an der Welt, welche durch ästhetische Praktiken verändert werden kann. Auch Félix Guattaris u.a. von Suely Rolnik weiterentwickeltes Konzept des „Ethiko-Ästhetischen“ oder Michel Foucaults Denken einer „Ästhetik der Existenz“ suchen über ein Denken und Praktizieren der Ästhetik nach der Möglichkeit, anders zu leben.

Das Seminar ist als Lektüreseminar konzipiert, in dem Passagen einschlägiger theoretischer Texte gemeinsam gelesen werden. Es kann jedoch durch Beispiele aus den Künsten oder auch durch gemeinsame Theaterbesuche ergänzt werden.

Semester: WiSe 2025/26
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)
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