Abschnittsübersicht

    • Ablauf des heutigen Tages

      09:15 - 09:45: Geschichtsrevisionismus und Geschichte in Schulbüchern

      09:45 - 10:15: Die Diskussion über die Darstellung von Kriegsverbrechen in japanischen Schulbüchern

      10:15 - 10:30: Pause

      10:30 - 12:00: Quellenarbeit mit japanischen Schulbüchern

      12:00 - 13:00: Mittagspause

      13:00 - 14:00: Der Yasukuni-Schrein als umstrittene Gedenkstätte

      ab 14.00 Gelegenheit für Fragen

    • "Als Geschichtsrevisionismus oder Revisionismus bezeichnet man Versuche, ein wissenschaftlich, politisch und gesellschaftlich anerkanntes Geschichtsbild zu revidieren, indem bestimmte historische Ereignisse wesentlich anders als in der gegenwärtigen Geschichtswissenschaft dargestellt, erklärt oder gedeutet werden."

      (Geschichtsrevisionismus (2025): Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichtsrevisionismus)

    • Diskussionsfragen:

      1. Warum ist es wichtig, dass Geschichtsbücher regelmäßig überprüft und aktualisiert werden?
      2. Warum wird der Begriff „Geschichtsrevisionismus“ oft negativ gesehen, besonders im Zusammenhang mit Geschichtsbüchern?
      3. Warum ist es besonders in Schulen wichtig, dass Geschichte korrekt und ausgewogen dargestellt wird?
      4. Wie könnte man Ihrer Meinung nach sicherstellen, dass Geschichtsbücher möglichst objektiv und ausgewogen bleiben?

    • Der Prozess der Erstellung und Publikation eines Geschichtsbuches in Japan beginnt bei den Schulbuchverlagen. Diese beauftragen Professoren, Historikerinnen etc. mit der Erstellung eines Manuskripts für ein Geschichtsschulbuch. Dieses wird dann dem Ministerium für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie (MEXT) vorgelegt. Das Ministerium prüft die Manuskripte daraufhin, ob sie am vorgesehenen Curriculum ausgerichtet sind und mit den allgemeinen Richtlinien für Schulbücher übereinstimmen. Gegebenenfalls müssen die Verlage die Bücher überarbeiten und neu einreichen. Wenn die Bücher genehmigt wurden, kommen sie auf eine Liste mit den für den Geschichtsunterricht zugelassenen Büchern.

      Lokale Bildungsträger (Schulgremien und Lehrpersonen) können von dieser Liste ein Geschichtsschulbuch auswählen. Die ausgewählten Bücher werden daraufhin an den Schulen verteilt. Der Genehmigungsprozess für ein Geschichtsschulbuch muss alle vier Jahre wiederholt werden.

    • In den meisten Gesichtsbüchern für Oberschulkurse ist nichts zu dem Thema zu finden. Eine Ausnahme stellt das Schullehrbuch Gesamt-Geschichte für Oberschulen dar. Dort werden die „Trostfrauen“ in Verbindung mit der Kolonisierung Taiwans und Koreas erwähnt:

      „Japan erzwang unter anderem den Gebrauch der japanischen Sprache und den Besuch von Shintō-Schreinen in den besetzten Gebieten Südostasiens und in den Kolonien Korea und Taiwan. Darüber hinaus wurden viele Koreaner in japanische Kohlebergwerke, Minen und Munitionsfabriken zwangsdeportiert und zahlreiche Frauen wurden als Trostfrauen in den Krieg geschickt. (gelb=rot unterstrichen im Bild)

      Seite aus einem japanischen Geschichtslehrbuch

      (Abbildung: Seite 152–153 der Gesamt-Geschichte für Oberschulen zum Thema „Ende des Zweiten Weltkriegs“)

    • Diskussionsfrage:

      Welchen Eindruck erwecken die Formulierung und Platzierung der Thematik?

    • Das Nanjing-Massaker, auf Japanisch oft auch als „Nanjing-Vorfall“ bezeichnet, wird in einigen Geschichtsbüchern für Oberschulklassen erwähnt. Die Erwähnungen in fünf verschiedenen Geschichtslehrbüchern werden im Folgenden komplett übersetzt, die Fotos einiger Schulbuchseiten dienen lediglich der Illustration.

    • Diskussionsfragen:

      1. Wie wird das Thema in den verschiedenen Geschichtsbüchern behandelt?

      2. Wie ausführlich ist die Darstellung? Welche Details werden erwähnt und nicht erwähnt?

      3. Welche Beteiligten werden erwähnt? Wie werden ihre Aktionen geschildert?

      4. Welche Wortwahl benutzt das jeweilige Geschichtsbuch? Was fällt allgemein auf? Warum sind viele der Ereignisse unter verschiedenen Namen oder Euphemismen bekannt?

      Zusatzaufgabe: Wenn Sie einen Beitrag in einem deutschen Geschichtsbuch zu einem Thema wie dem „Mandschurischen Zwischenfall“ schreiben müssten, wie würden Sie das machen?

      1. Würden Sie unterschiedlich darüber berichten, je nachdem ob das historische Ereignis in Ihrem Land oder im Ausland stattgefunden hat?

      2. Wenn ja, warum würden Sie das so gestalten?

    • Lehrbuch: Unsere Gesamtgeschichte

      Im Juli 1937 begann ohne Kriegserklärung der Japanisch-Chinesische Krieg, ausgelöst durch das Gefecht japanischer und chinesischer Truppen an der Marco-Polo-Brücke in der Nähe von Beijing. Chiang Kai-shek, der die Regierung der Kuomintang (chinesische Nationalregierung) in Nanjing errichtete, pausierte den Bürgerkrieg mit der rivalisierenden Kommunistischen Partei Chinas, um die Anti-Japanische Nationale Einheitsfront ([Zweite] Einheitsfront) zu bilden und den Widerstand gegen die japanische Armee zu verstärken. Im Dezember fiel Nanjing und die japanische Regierung, die die durch die Kriegserfolge aufwallende öffentliche Meinung in Japan nicht ignorieren konnte, brach die Friedensverhandlungen mit der Kuomintang ab, wodurch sich der Krieg in die Länge zog.“

      Bild aus einem japanischen Schulbuch

      (Abbildung: Original des Zitats, Seite 77 in Unsere Gesamtgeschichte)

       

    • Lehrbuch: Klare Zusammenfassung der Geschichte

      „Im Juli des darauffolgenden Jahres [1937], kam es am Stadtrand von Beijing zum Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke, worauf die Armeen von Japan und China sich ohne Kriegserklärung in einen totalen Krieg stürzten. Im September wurde dann die Zweite Einheitsfront gebildet, um der japanischen Aggression entgegenzutreten. Japanische Truppen besetzten unter anderem die Städte Shanghai und Nanjing, wo sie vor allem in Nanjing eine große Zahl von Zivilisten und Kriegsgefangenen töteten, ihnen Gewalt antaten und sie ausraubten (Nanjing-Vorfall).

      [Randbemerkung:] Der Vorfall wurde vom Ausland verurteilt, aber die japanische Bevölkerung erfuhr erst nach Kriegsende davon. Untersuchungen und Debatten über die Anzahl der Todesopfer und das Gesamtbild der wahren Gegebenheiten dauern an.“

      (Die folgende Abbildung zeigt die „Randbemerkung“, hier rot nachträglich als Kasten markiert):

      Schulbuch

    • Lehrbuch: Gesamtgeschichte für Oberschule

      „Nach dem Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke im Juli 1937 trat Japan in einen totalen Krieg mit China ein (Japanisch-Chinesischer Krieg). Die japanische Armee griff wiederholt verschiedene Orte Chinas an, insbesondere die Hauptstadt Nanjing, die im selben Jahr besetzt wurde, was zum Nanjing-Vorfall führte, bei dem eine große Zahl von Chinesen getötet wurden.

      [Randbemerkung:] Es gibt verschiedene Theorien über die Anzahl der Opfer, darunter eine, die von über 100.000 ausgeht, und eine, die von ungefähr 40.000 ausgeht. Eine genaue Anzahl steht jedoch noch nicht fest. Die chinesische Seite schätzt die Zahl [der Toten] auf 300.000.“

    • Lehrbuch: Moderne Gesamtgeschichte: sehen, interpretieren und überdenken

      „Am 7. Juli 1937 stießen die Armeen Japans und Chinas in der Nähe von Beijing aufeinander (Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke), und unter dem Druck des Militärs erweiterte das Kabinett unter Konoe Fumimarō die Front. Die Kuomintang schlugen unerbittlich zurück und im März desselben Jahres gingen sie eine Kooperation mit der Kommunistischen Partei ein und bildeten die Anti-Japanische Nationale Einheitsfront [Zweite Einheitsfront]. Auf diese Weise begann der Japanisch-Chinesische Krieg ohne Kriegserklärung. Im Dezember desselben Jahres nahm die japanische Armee Nanjing, die Hauptstadt der Kuomintang ein, und tötete zahlreiche Zivilisten und Kriegsgefangene (Nanjing-Vorfall). Die Regierung unter der Kuomintang leistet weiterhin Widerstand gegen die Besetzung von Nanjing.“

    • Lehrbuch: Erforschung der japanischen Geschichte

      „Die japanische Armee eroberte Ende 1937 Nanjing, die damalige Hauptstadt der Nationalregierung. Dabei töteten sie zahlreiche Kriegsgefangene und Zivilisten (Nanjing-Massaker) und wurden dafür von anderen Ländern scharf kritisiert. Chiang Kai-shek verlegte die Regierung nach Chongqing und führte den Widerstand mit Unterstützung von Großbritannien, den USA und der Sowjetunion fort. Japans Plan eines kurzen Krieges scheiterte, und die Fronten weiteten sich später auf Südchina aus.

      [Fußnote:] Dies wird auch als Nanjing-Massaker bezeichnet. Über die Anzahl der Toten gibt es in Japan verschiedene Meinungen, die von mehreren Zehntausend bis zu über Hunderttausend reichen. Es gibt jedoch keine allgemein anerkannte Ansicht. Die chinesische Regierung spricht von über 300.000 Opfern.“

    • Diskussionsfragen:

      1. Wie wird das Thema in den verschiedenen Geschichtsbüchern behandelt?

      2. Wie ausführlich ist die Darstellung? Welche Details werden erwähnt und nicht erwähnt?

      3. Welche Beteiligten werden erwähnt? Wie werden ihre Aktionen geschildert?

      4. Welche Wortwahl benutzt das jeweilige Geschichtsbuch? Was fällt allgemein auf? Warum sind viele der Ereignisse unter verschiedenen Namen oder Euphemismen bekannt?

      Zusatzaufgabe: Wenn Sie einen Beitrag in einem deutschen Geschichtsbuch zu einem Thema wie dem „Nanjing-Massaker“ schreiben müssten, wie würden Sie das machen?

      1. Würden Sie unterschiedlich darüber berichten, je nachdem ob das historische Ereignis in Ihrem Land oder im Ausland stattgefunden hat?

      2. Wenn ja, warum würden Sie das so gestalten?

    • Lehrbuch: Gesamtgeschichte für Oberschule

      „Nach der Nordexpedition erlangte die Kuomintang die Einparteienherrschaft in China und hatte sich bis 1931 als Regierung mit landesweiter Autorität etabliert. Es wurden auch Maßnahmen wie die Wiederherstellung der Zollautonomie und die Vereinheitlichung der Währung umgesetzt, was zu wirtschaftlicher Entwicklung und zur Einrichtung eines Finanzsystems führte. Der Fortschritt der Vereinigung bedrohte jedoch auch die Interessen Japans in der Mandschurei, die seit dem Russisch-Japanischen Krieg etabliert worden waren.

      In dieser Situation begann insbesondere die Kantō-Armee, die Mandschurei und die Mongolei mit Gewalt zu besetzen, um die Interessen Japans in der nordöstlichen Region zu schützen. Auch politische Parteien, Finanzkonglomerate und Zeitungen unterstützten dies, und die öffentliche Meinung erhitzte sich bis zur Auffassung, dass „die Mandschurei und die Mongolei die Lebensader Japans sind“.

      Im September 1931 sprengte die Kantō-Armee die Eisenbahnlinie in der Südmandschurei außerhalb von Mukden (Liutiaohu-Zwischenfall), was zum Mandschurei-Zwischenfall führte.

      Die Kantō-Armee setzte sich für die Unabhängigkeit Nordostchinas ein und ernannte 1932 Puyi, den letzten Kaiser der Qing-Dynastie, zum Regenten und proklamierte die Gründung von „Mandschukuo“. Als Reaktion auf die Anschuldigungen Chinas, dass es sich bei den Handlungen Japans um Aggressionen handelte, entsandte der Völkerbund die Lytton-Kommission, um die Lage zu untersuchen.

      Auf der außerordentlichen Vollversammlung des Völkerbundes im Jahr 1933 wurde auf der Grundlage des Lytton-Berichts ein Empfehlungsentwurf gegenüber Japan verabschiedet, der die chinesische Souveränität über die nordöstliche Region anerkannte und die Schaffung einer autonomen Regierung in der Region sowie den Abzug der japanischen Truppen forderte. Japan lehnte dies ab, zog sich aus dem Völkerbund zurück und wurde international zunehmend isoliert.“

      (Abbildung: übersetzte Seite 144 zum „Mandschurischen Zwischenfall" aus Gesamtgeschichte für Oberschule)

    • Lehrbuch: Beschreibung der Gesamtgeschichte

      „Während die Großmächte nach Wegen suchten, um die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zu bekämpfen, gerieten die Interessen Japans in der Mandschurei in Gefahr, als China eine Eisenbahnstrecke parallel zur Südmandschurischen Eisenbahn (Mantetsu) baute. Aus Angst um ihre Sicherheit plante die Kantō-Armee heimlich, die militärische Besetzung der Mandschurei.

      In der Nacht vom 18. September 1931 sprengte die Kantō-Armee die mandschurische Eisenbahnlinie am Liutiaohu-See bei Mukden (heute Shenyang), und startete eine Militäroperation, wobei sie die chinesische Armee für den Vorfall verantwortlich machte (der Liutiaohu-Zwischenfall). Das zweite Kabinett von Premierminister Wakatsuki Reijirō verkündete eine Politik der Nichtexpansion, aber die Kantō-Armee dehnte ihre Frontlinie weiter aus und besetzte große Städte in der Mandschurei (Mandschurei-Zwischenfall). Die japanischen Medien berichteten ausführlich über den Mandschurei-Zwischenfall, und in der Bevölkerung breitete sich Kriegsbegeisterung aus.

      Darüber hinaus proklamierte die Kantō-Armee im März 1932 die Gründung des Staates „Mandschukuo“ mit Puyi, dem letzten Kaiser von China, als Regenten. Die japanische Regierung erkannte Mandschukuo im September desselben Jahres durch das Japanisch-Mandschurische Protokoll an, aber in Wirklichkeit handelte es sich um einen Marionettenstaat, der von der Kantō-Armee kontrolliert wurde.

      […]

      Die Lytton-Kommission, die vom Völkerbund zur Untersuchung des Mandschurischen Zwischenfalls entsandt wurde, erstellte einen Bericht, in dem die Militäraktionen und die Besetzung der Mandschurei durch Japan als ungerecht eingestuft wurden. Auf der Grundlage dieses Berichts nahm die Generalversammlung des Völkerbundes im Februar 1933 einen Empfehlungsentwurf an, in dem die Souveränität Chinas über die Mandschurei anerkannt und der Abzug der japanischen Truppen gefordert wurde. Japan, das gegen dieses Ergebnis war, kündigte seinen Austritt aus dem Völkerbund an. Danach setzte Japan seinen Weg der internationalen Isolation fort, indem es beispielsweise 1934 seine Absicht bekannt gab, den Washingtoner Flottenabkommen aufzukündigen.“

    • Lehrbuch: Klare Zusammenfassung der Geschichte

      „Die japanischen Konzessionsgebiete, die im Russisch-Japanischen Krieg erworben worden waren, litten ebenfalls unter der Rezession. In der Region wurden von der nationalistischen Regierung und chinesischen Geschäftsleuten Gegenmaßnahmen gegen Japan entwickelt, und das Gefühl der Menschen, dass die Interessen Japans verloren gehen würden, nahm zu. Da die japanische Regierung es versäumte, wirksame Maßnahmen zur Bewältigung dieser Situation zu ergreifen, mehrten sich die Rufe, vor allem von Seiten des Militärs und des rechten Flügels, die Krise mit militärischen Mitteln zu überwinden. Diese Situation wurde von der Kantō-Armee ausgenutzt, die begonnen hatten „die Ansicht über den Besitz von Mandschukuo und der Inneren Mongolei“ zu vertreten, laut der die Mandschurei und die östliche Innere Mongolei japanisches Territorium werden sollte.

      Am 18. September 1931 griff die Kantō-Armee die Gleise der Südmandschurische Eisenbahngesellschaft (Mantetsu) am Liutiaohu-See bei Mukden (Shenyang) an und behauptete, die chinesische Seite habe dies getan, und besetzte die Mandschurei (Mandschurei-Zwischenfall). Im darauffolgenden Jahr [1932] gründete die japanische Armee in diesem Gebiet den Staat Mandschukuo und ernannte Puyi, den letzten Kaiser der Qing-Dynastie, zum Regenten, aber die tatsächliche Macht lag bei den Japanern, vor allem bei der Kantō-Armee.

      Als Reaktion auf diese Situation wandte sich China an den Völkerbund, um eine Lösung für den Konflikt zu finden. Der Völkerbund entsandte die Lytton-Kommission, die in ihrem Bericht die Interessen Japans in der Mandschurei anerkannte, und gleichzeitig feststellte, dass die Souveränität über die Mandschurei bei China liege. Als die Generalversammlung des Völkerbundes im Jahr 1933 beschloss, den Staat Mandschukuo nicht anzuerkennen, trat Japan aus dem Völkerbund aus, auch um wirtschaftlichen und anderen Sanktionen des Völkerbundes zu entgehen.

      Diese japanische Militäraktion verstieß gegen den Neun-Mächte-Vertrag, der die Aufrechterhaltung des Status-quo in China vorsah, und war auch die erste Aktion, die die internationale Ordnung nach Abschluss des Nichtangriffspakts störte. Der Völkerbund, der über keine militärischen Sanktionen verfügte, war nicht in der Lage, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, was zu einer Schwächung seiner Autorität führte und das System der internationalen Zusammenarbeit stark ins Wanken brachte.“

    • Der Yasukuni-Schrein in Tokyo wurde 1869 errichtet, um die Seelen der Soldaten zu ehren, die im Dienst für Japan gestorben sind. Insgesamt sind durch Namensnennung fast 2,5 Millionen Kriegstote aus verschiedenen Konflikten, darunter Kriege mit China, Russland und dem Zweiten Weltkrieg, eingeschreint. Was den Schrein so umstritten macht, ist die Tatsache, dass seit 1978 auch 14 Personen dort verehrt werden, die nach dem Zweiten Weltkrieg von einem internationalen Gerichtshof als sogenannte Kriegsverbrecher der Klasse A verurteilt wurden.

      Kriegsverbrecherklassen

      • Klasse A: Die Kategorie „Klasse A“ wurde im Rahmen der Tokyoter Prozesse (3. Mai 1946 - 12. November 1948) eingeführt, um hochrangige politische und militärische Führer Japans zu verurteilen, die für die Planung, Vorbereitung oder Durchführung von Angriffskriegen verantwortlich waren.

      • Klasse B: Kriegsverbrechen, wie zum Beispiel Verstöße gegen die Gesetze des Krieges (z. B. das Massaker von Nanjing (früher Nanking)).

      • Klasse C: Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie systematische Gewalt, Zwangsarbeit oder Verfolgung aus politischen oder rassistischen Gründen (z. B. die Versklavung von Frauen (aus Korea, Taiwan, China, etc.) als Zwangsprostituierte, die „Trostfrauen“ genannt wurden).

      Diese Klassifikationen wurden speziell für die Tokioter Prozesse entwickelt und orientierten sich an den Nürnberger Prozessen gegen deutsche Kriegsverbrecher, wobei Japan spezifisch für Verbrechen gegen den Frieden (Angriffskriege) zur Rechenschaft gezogen wurde.

    • Warum ist der Schrein umstritten?

      Die Hauptkritik richtet sich gegen die Verehrung dieser 14 Kriegsverbrecher, die symbolisch für die Verbrechen Japans während des Zweiten Weltkriegs stehen. Wenn japanische Politiker den Schrein besuchen, interpretieren Länder wie China und Südkorea dies als mangelnde Reue und als Versuch, die Verantwortung für Kriegsverbrechen zu relativieren. Diese Besuche führen regelmäßig zu diplomatischen Spannungen und belasten die Beziehungen zu den Nachbarn Japans.

      Befürworter betonen, dass der Yasukuni-Schrein ein Ort des Gedenkens für alle Kriegstoten ist, unabhängig von ihrer Rolle im Krieg. Sie sehen es als Japans Recht an, seiner Gefallenen zu gedenken, so wie es andere Länder ebenfalls tun.

      Kritiker werfen dem Schrein vor, Kriegsverbrecher zu verherrlichen und den japanischen Militarismus zu glorifizieren. Sie sehen in der Verehrung dieser Personen eine Verzerrung der historischen Verantwortung und eine Verharmlosung der Gräueltaten des Krieges.

      Die Herausforderung besteht darin, einen Weg zwischen der Ahnenverehrung und Reue und Verantwortung gegenüber den Opfern Japans Kriegsgeschichte zu finden.

    • Die Reaktion von China und Südkorea auf die Besuche des Yasukuni Schreins und Yūshūkan-Museums durch japanische Premierminister

      Nach dem Zweiten Weltkrieg begannen einige amtierende Premierminister den Yasukuni-Schrein in Tokyo in offizieller Funktion zu besuchen. Bis 1985 waren diese Besuche häufiger, ein Premierminister besuchte den Schrein in seiner achtjährigen Amtszeit sogar elfmal. Nach 1985 wurden die Besuche viel seltener und hörten bis auf wenige Ausnahmen beinahe vollständig auf. Nur Premierminister Koizumi Junichirō besuchte den Schrein in seiner Amtszeit 2001-2006 insgesamt sechsmal. Der letzte Besuch eines Premierministers war der Besuch von Abe Shinzō 2013, allerdings machten rituelle Opfergaben für den Schrein durch Premierminister in den Jahren 2023 und 2024 Schlagzeilen.

      Noch problematischer als der Yasukuni-Schrein ist allerdings das in der Nähe des Schreins befindliche Museum. Dieses Yūshūkan-Museum wurde 1882 gegründet. Zunächst wurden Artefakte der kaiserlichen japanischen Armee aus der Zeit der Meiji-Restauration in dem Museum aufbewahrt. Es wurde durch das Kanto-Erdbeben von 1923 und den Zweiten Weltkrieg mehrmals beschädigt und wiederaufgebaut. Im Jahr 2002 wurde das Museum erheblich erweitert, unter anderem durch eine Innenausstellung für die Zero Fighter. Diese waren Flugzeuge, die im Zweiten Weltkrieg für die Luftstreitkräfte der Kaiserlich Japanischen Marine eingesetzt wurden. Im Museum sind nicht nur militärische Geräte, Technik und Waffen ausgestellt, sondern auch persönliche Dokumente der Soldaten. Im Museumsshop kann man nationalistische Bücher und Souvenirs erwerben und im Museumscafé werden Speisen nach Marinerezepten angeboten.

      Die bloße Zurschaustellung von militärischen Artefakten ist nicht der Grund für die Kritik aus Ländern, die Opfer der japanischen Aggression im Zweiten Weltkrieg waren. Es sind die Art der Darstellung von Kriegsszenen und die Besuche von japanischen Premierministern, die die Beziehungen Japans zu China und Südkorea belasten. Japan wird vorgeworfen die Menschen, die für Japan gekämpft und Japans Nachbarländern Unheil gebracht haben, als Helden in der Befreiung Asiens vom westlichen Kolonialismus darzustellen. Weiterhin wird die Darstellung kritisiert, dass die militärischen Kampagnen des kaiserlichen Japans durch die wirtschaftliche und militärische Kraft der USA erzwungen wurden. Darüber hinaus werden die Kriegsverbrechen und Gräueltaten Japans in China, Korea und anderswo nicht erwähnt. China und Südkorea sehen die Besuche der Politiker sind also negativ an, da sie an dem Yasukuni-Schrein Kriegsverbrecher ehren und zudem im Yūshūkan-Museum die Kriegsvergangenheit glorifizieren.

      Der japanische Premierminister Shigeru Ishiba hat sich im Herbst 2024 dazu entschlossen, den Yasukuni-Schrein nicht zu besuchen, jedoch eine Opfergabe zu entsenden. Die Opfergaben überschneiden sich häufig mit dem Herbst- oder Frühlingsfest. Die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums Mao Ning sagte, dass Yasukuni ein Symbol von Japans militärischem Angriffskrieg sei. Der Sprecher des koreanischen Außenministeriums Lee Jae-woong äußerte tiefe Enttäuschung.

      „Wir fordern Japan auf, sich seiner Geschichte der Aggression zu stellen und sie zu reflektieren und in Worten und Taten bezüglich historischer Sachverhalte wie den Yasukuni-Schrein vorsichtig zu sein.“ (Mao Ning)

      „Die südkoreanische Regierung fordert die Anführer des neuen japanischen Kabinetts nachdrücklich auf, sich unmittelbar der Geschichte zu stellen und durch Taten demütige Reflexion und aufrichtige Reue für Japans vergangene Geschichte zu zeigen, und betont, dass dies eine wichtige Grundlage für die Entwicklung zukunftsorientierter Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens ist.“ (Lee Jae-woong)

      Anmerkungen von Premierminister Koizumi Junichiro zum Besuch des Yasukuni-Schreins 21. April 2002:

      Heute habe ich dem Yasukuni-Schrein einen Besuch abgestattet.

      Der Zweck meines Besuchs war es, aufrichtig um all diejenigen zu trauern, die im Laufe der Geschichte unseres Landes seit der Meiji-Restauration ihr Leben für ihr Land verloren und dabei ihre Familien zurückgelassen haben. Ich glaube, dass der heutige Frieden und der Wohlstand Japans auf den unschätzbaren Opfern vieler Menschen beruhen, die ihr Leben im Krieg verloren haben. Es ist wichtig, dass wir in den kommenden Tagen fest an der Entschlossenheit festhalten, den Frieden anzunehmen und dem Krieg abzuschwören, um sicherzustellen, dass wir nie wieder in einen tragischen Krieg verfallen.

      Ich betrachte es als selbstverständlich, dass ich am Yasukuni-Schrein, der im Laufe vieler Jahre für viele Menschen in Japan zu einer zentralen Institution geworden ist, um diejenigen zu betrauern, die ihr Leben für das Land geopfert haben, meine Aufwartung mache.

      Es ist nicht meine Absicht, durch den Besuch des Yasukuni-Schreins am oder um den Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs erneut Unruhe zu stiften und die Spannungen in Japan und im Ausland zu erhöhen. Nach reiflicher Überlegung habe ich beschlossen, dass ich meine ehrlichen Gefühle aufrichtig zum Ausdruck bringen kann, indem ich den Schrein an diesem Tag, anlässlich des jährlichen großen Frühlingsfestes, besuche.”

    • Diskussionsfragen:

      1. Wie beeinflusst der Streit um den Schrein die Beziehungen zwischen Japan, China und Südkorea?

      2. Wie kann Japan seine Tradition der Ahnenverehrung aufrechterhalten und gleichzeitig ein Zeichen der Reue für Kriegsverbrechen setzen?

      3. Ist es gerecht, alle Kriegstoten in einem Schrein zu verehren, ohne zwischen Opfern und Tätern zu unterscheiden? Begründen Sie Ihre Meinung.

      4. Bedeutet es, Verbrechen zu rechtfertigen, wenn man die Täter als Opfer eines Systems betrachtet? Begründen Sie Ihre Meinung.

      5. Wie beeinflusst die Ahnenverehrung die kollektive Erinnerung und den Umgang mit historischen Verantwortlichkeiten?