Inkriminierte Texte, die im Zusammenhang mit Straftaten wie Erpressung, Bedrohung und Schmähung stehen, beinhalten häufig sprachliche Verstellungsstrategien, um die Identität der Autorinnen zu verschleiern. Diese Strategien umfassen die Veränderung oder Verfremdung des eigenen Schreibstils sowie die Imitation des Schreibstils anderer Personen oder Gruppen. Beispielsweise versuchen die Schreiberinnen oft, den Stil von Nicht-Muttersprachler*innen oder weniger gebildeten Personen nachzuahmen, um die Ermittlungen in die Irre zu führen. Eine neuere Strategie ist die Verwendung stilisierter Merkmale, die in verschiedenen Massenmedien verbreitet sind.
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Verbreitung solcher inkriminierten Texte auf digitale Medien wie WhatsApp, E-Mails und Social Media-Plattformen ausgeweitet. Diese Entwicklung stellt neue Herausforderungen für die Autorschaftserkennung dar. Forensisch-linguistische Textanalysen und -vergleiche können Hinweise auf die Urheber*innen von Texten geben, die mit Internetbetrug und anderen Straftaten im Zusammenhang stehen. Mit modernen Technologien wie ChatGPT stellt sich zudem die Frage, ob diese Tools dazu genutzt werden können, die eigene Identität vollständig zu verschleiern.
Forensische Linguistinnen arbeiten daher daran, Strategien zu entwickeln, um mit diesen neuen Herausforderungen umzugehen. Gleichzeitig bieten moderne Ansätze wie das Storytelling Möglichkeiten, das Bewusstsein für die Gefahren von Texten ohne klare Urheberschaft zu schärfen. Durch entsprechende Programme und Kampagnen können Internetnutzerinnen besser auf die beschriebenen Bedrohungen vorbereitet werden.
Voraussetzungen:
Gute Grammatikkenntnisse (insb. Syntax und Morphologie) sind sehr hilfreich.
Literatur:
Bredthauer, Stefanie (2013): Verstellungen in inkriminierten Schreiben. Eine linguistische Analyse verstellten Sprachverhaltens in Erpresserschreiben und anderen inkriminierten Texten. Köln: Kölner Wissenschaftsverlag
Dern, Christa (2009): Autorenerkennung. Theorie und Praxis der linguistischen Tatschreibenanalyse. Stuttgart, München etc.: Boorberg.
Fobbe, Eilika (2011): Forensische Linguistik. Eine Einführung. Tübingen: Narr.
Hessler, Steffen (2023): Autorschaftserkennung und Verstellungsstrategien. Textanalysen und -vergleiche im Spektrum forensischer Linguistik, Informationssicherheit und Machine-Learning. (= Tübinger Beiträge zur Linguistik, Bd. 585). Tübingen: Narr Francke Attempto
- Kursleiter/in: Steffen Hessler