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Der letzte Mensch, zumeist ein Mann, ist seit Beginn des 19. Jahrhunderts eine Leitfigur der dystopischen Einbildung, die die Literatur und das Kino pflegen. Zu den frühen literarischen Gestaltungen dieses Motivs zählen Erzählungen wie Jean Pauls „Die wunderbare Gesellschaft einer Neujahrsnacht“ (1801), die Romane „Le Dernier Homme“ von Cousin de Grainville (1805), „The Last Man“ (1826) von Mary Shelley oder das Gedicht „Darkness“ (1816) von Lord Byron. Nach dem Zweiten Weltkrieg und im Zeichen der drohenden Atomkatastrophe gewann das Thema neue Aktualität. Zu den moderneren Versionen zählen Arno Schmidts Erzählung „Schwarze Spiegel“ (1951), Maurice Blanchots „Le dernier homme“ (1957), Marlen Haushofers „Die Wand“ (1963) oder Herbert Rosendorfers „Großes Solo für Anton“ (1976). Gleich nach der Jahrtausendwende erschienen Margaret Atwoods „Oryx and Crake“ (2003), Michel Houellebecqs „Die Möglichkeit einer Insel“ (2005) und Thomas Glavinics „Die Arbeit der Nacht“ (2006). Das Kino kennt drei Verfilmungen des Science-Fiction- Romans „I am Legend“ (1954) von Richard Matheson, zuletzt 2007 mit Will Smith.

Fast alle diese Geschichten spielen in einer postapokalyptischen Zukunft und werfen die Frage auf, wer noch von diesem letzten Menschen erfahren soll. Es ist die Frage der Literatur. Früher schon träumten Herrscherfiguren wie Kaiser Nero oder der bayrische Ludwig II. davon, in einer menschenleeren Welt zu leben. Auch der berühmte Senatspräsident Daniel Paul Schreber, Verfasser der "Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken" pflegte eine solche Phantasie. Nicht immer sind die allein gelassenen Protagonisten auch unglücklich.

An wen also richten diese letzten Menschen ihre Aufzeichnungen oder Tagebücher?

Es geht daher in diesem Seminar nicht nur um die Bilder der menschenleeren Welt und die radikale Erfahrung der Einsamkeit, sondern auch um die besondere Frage der Literatur: Ist die moderne Literatur intransitiv und kommt ohne Leserschaft aus?


Semester: SoSe 2024
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