Hauptseminar: Postkoloniale Perspektiven auf das islamische Recht: Kolonialismus, Moderne und Säkularismus (050110-SoSe23)

In diesem Seminar fragen wir danach, welche Transformationen das islamische Recht im Kontext von Moderne, Kolonialismus und Säkularismus erfahren hat. Zu diesem Zweck lernen wir zum einen, Recht allgemein als eine bestimmte Perspektive auf die Welt und das islamische Recht als ein historisch gewachsenes Normengefüge innerhalb einer diskursiven Tradition zu analysieren. Zum anderen stellen wir Diskussion des islamischen Rechts aus postkolonialer Perspektive unsere in den Kontext der Entwicklung modernen internationalen Rechts im 20. Jahrhundert und des westlichen Säkularismusdiskurses, um deren historische Verbindungen mit Praxis und Theorie des westlichen Imperialismus zu analysieren. Wir erarbeiten uns an ausgewählten Beispielen (etwa dem Begriff der Minderheiten und Gender), Säkularismus als etwas verstanden werden kann, was zu Veränderungen in Form und Inhalt des islamischen Rechts geführt, den Begriff des Öffentlichen und der Politik rekonfiguriert hat und schließlich selbst in die Logik des Kolonialen verstrickt ist (indem es bestimmte negative Werturteile über religiöse Traditionen und die von ihr grundierten Lebensformen legitimiert). Auf diese Weise versucht das Seminar, ein anderes Verständnis des Verhältnisses von islamischem Recht, Moderne und Säkularismus aufzuzeigen. So kommen wir zu einem Verständnis von Säkularismus, das nicht einfach der Selbstbeschreibung dieses Diskurses folgt, der eine saubere Trennung von Religion (und religiösem Recht) einerseits und säkularer Politik andererseits behauptet. Stattdessen muss das Verhältnis von islamischem Recht und Säkularismus komplexer analysiert werden.


Organisation der Lehrveranstaltung:

Relevante Literatur wird den Teilnehmerinnen und Teilnehmern rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Voraussetzung für aktive Teilnahme (unbenotet): Ausarbeitung der Kernargumente eines ausgewählten Texts aus der Sekundärliteratur (900-1000 Wörter) oder Referat. Voraussetzung für eine benotete Leistung: aktive Teilnahme wie vorstehend + Hausarbeit (6000 Wörter). Arbeit im Seminar an arabischen Texten und Sekundärliteratur kombiniert in Kleingruppen und gesamter Gruppe. Die Schreibaufgaben werden didaktisch begleitet.