Einschreibeoptionen

Es ist eine literaturwissenschaftliche Binsenweisheit, dass die Kurzgeschichte sich eigentlich einer Definition entzieht, überkreuzte sie sich doch immer schon mit Novelle, Erzählung und Anekdote (Kilchenmann 1984); folglich hat die Gattungsbezeichnung mehr zuschreibenden denn definitorischen Charakter. So gibt es wenige programmatische Schriften bzw. normative Theorien (Poe), aber dafür umso mehr Entwicklungen und Tendenzen. Ohne Frage allerdings, und dies macht Kurzgeschichten-Studien zu komparatistischen Studien schlechthin, ist sie immer ein internationales Phänomen gewesen.

Ausgehend von einigen Annäherungsversuchen an eine Genrecharakterisierung werden wir mit amerikanischen Erstwerken beginnen wie denen Poes, die in ihrer barocken Stilistik und ihrem phantastischen Gehalt der Novelle verwandter sind als moderne Prosaskizzen, wie wir sie von Hemingway kennen. Von Poe läuft der Faden zu Guy de Maupassant, der das Phantastische ins Naturalistische kippen lässt, jedoch abermals in narrativ-reichen Tableaus, die noch gar nicht skizzenhaft wirken, wie wir es in Modernismus und Postmodernismus kennen.

Letzteres, was man als so typisch für Kurzgeschichten ansieht, geschieht vielleicht als erstes in Joyces Dubliners (1914), die oft als die ersten richtigen Kurzgeschichten der Moderne bezeichnet werden (falls es so etwas gibt!).

Alsdann werden wir uns deutschsprachige Kurzgeschichten ansehen, die so schön aufzeigen, wie sich die Kurzgeschichte vom ohnehin handlungsarmen Text der Evokation zu einem immer offeneren Genre entwickelt hat, in dem Autoren wie Böll sich heimisch fühlen, obwohl auch symbolhafte Erzählungen einer Ilse Aichinger und selbst einige Parabeln von Kafka ihm zugerechnet werden.

Am Ende dieses Erkenntnisweges kann also keine eindeutige Klassifikation stehen, aber immerhin ein Kaleidoskop, dessen verschiedenen Formen durchaus analysierbare Techniken zugrunde liegen, die bis jetzt mal wiederholt, mal überworfen bzw. negiert und vor allem oft in originellster Weise modifiziert wurden.
Semester: WiSe 2024/25
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)
Selbsteinschreibung (Teilnehmer/in)