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In modernen Einwanderungsgesellschaften stellt soziale, religiöse und kulturelle Pluralität einen nicht mehr wegzudenkenden Tatbestand sozialer Wirklichkeit dar. In post-migrantischen Gesellschaften weist jede fünfte Person einen sogenannten Migrationshintergrund auf – Migration und gesellschaftliche Pluralität sind also längst der ‚Normalfall‘.

 Die gegebene Pluralität ermöglicht es auf der einen Seite, Personen mit unterschiedlichsten Zugehörigkeiten begegnen und Erfahrungen mit heterogenen Lebensformen machen zu können. Auf der anderen Seite birgt sie aber auch Potentiale für Konflikte und Verletzungen im Zusammenleben unterschiedlicher Gruppen. Dabei beschränken sich Konflikte und Verletzungen nicht nur auf das Verhältnis der sogenannten „Einheimischen“ und „Fremden“, sondern lassen sich ebenso innerhalb der diversen Einwanderungsgruppen aufspüren und bestanden schon im Herkunftsland. Am Beispiel von türkeistämmigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen begeben wir uns in unserem Seminar auf Spurensuche nach der Wirkmächtigkeit zwischenmenschlicher Verletzungen und Ausgrenzungen in Etablierten-Außenseiter-Figurationen. Dies werden wir am konkreten empirischen Beispiel des Verletzungsverhältnisses zwischen sunnitischen Muslim*innen und der ethno-religiösen Minderheit der Alevit*innen untersuchen. Wir nehmen dabei ihre narrativ vermittelten Identitätskonstruktionen, Grenzziehungen und mit diesen verbundene soziale Zuschreibungsprozesse, Vorurteile, Selbst- und Fremdbilder und kollektive Selbstbeschreibungen in den Blick. Diese lassen sich allerdings nur vor dem Hintergrund langfristiger Entwicklungen ihrer gemeinsamen Figuration verstehen und erklären.

Unsere Analysen basieren dabei auf der Grundlage sozial- und kulturpsychologischer, figurationssoziologischer und symbolisch-interaktionistischer Theorien, die zuvor vermittelt werden (Stereotypen- und Vorurteilsforschung, Theorien der Stigmatisierung, der sozialen Ungleichheit; Diskriminierung, Theorie der sozialen Identität etc.). Bei der Untersuchung der interessierenden Phänomene stützen wir uns auch auf empirisches Material aus meinem Dissertationsprojekt: Anhand der Interpretation von narrativen Interviews und Gruppendiskussionen untersuchen wir konkret die Selbst- und Fremdwahrnehmungen, soziale Vorurteile und Stereotypisierungen und binden sie an die bestehenden Verletzungsbeziehungen zurück.

Ziel des Seminars:

Im Fokus des Seminars stehen Stigmatisierungserfahrungen und soziale Vorurteile, die problematische Auswirkungen auf die Identitätsbildung Jugendlicher und junger Erwachsener haben und in soziale Figurationen eingebunden sind. Hierfür werden theoretische Ansätze herangezogen, die Identität, Stigmatisierung und Vorurteile analytisch erfassen, um sie für die empirische Identitäts- und Intergruppenforschung nutzbar zu machen. Ein weiteres Ziel des Seminars ist es, auf der Grundlage erworbener theoretischer Kenntnisse das gemeinsame Interpretieren von textbasierten empirischen Daten zu üben. Theorien fungieren dabei als „Werkzeug“ und heuristischer Rahmen. Ein Interesse an qualitativer Sozialforschung ist also von Vorteil.


Semester: ST 2024
Self enrolment (Teilnehmer/in)
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