Von Diogenes ist überliefert, dass er zu Platons
Akademie einen gerupften Hahn gebracht haben soll und ihn dort als
Antwort auf Platons Definition des Menschen abgelegt habe mit den Worten
"Das ist Platons Mensch". Eine merkwürdige Art der Antwort,
die ein Argument in Form eines toten Tieres ins Feld führt... Der
"verrückt gewordene Sokrates" wurde Diogenes deshalb auch genannt und er
ver-rückt tatsächlich etwas: er setzt die "Materie" an den Ort des
Arguments und wehrt sich so gegen eine Trennung von Geist und Körper,
von Theorie und Lebenspraxis und damit verbundenen Machtgefügen. Aber
wie funktionieren diese (und ähnliche) Gesten genau? Was verschieben
sie, was stellen sie in Frage und wieso liegen Komik und Drastik darin
oft nah beieinander?
Wir wollen gemeinsam Lektüren von unterschiedlichen Texten und Positionen versuchen, die solchen Verschiebungen nachgehen und das Denken nicht ausschließlich im (klassischen) Subjekt verorten, sondern – in der Materie, im Unbewussten, der Welt, in Konstellationen, der Kunst, dem Gamtzusammenhang "außerhalb des Kopfes": Es denkt...
Von Hegel über Freud, Sohn-Rethel, Brecht, Rancière bis zu Haraway,
Latour, Zupančič und anderen wollen wir der Frage nach dem Ort eines
solchen (exzentrischen) Denkens und dem Ort des Denkens im Ästhetischen
nachgehen: Was denkt da? Wie konstituiert es sich? Was für eine
Subjektvorstellung hängt damit zusammen? Und inwiefern kann die Bühne
Ort eines solch exzentrischen Denkens sein?
Das Seminar dient auch als Vorbereitung für ein Symposium mit dem Arbeitstitel „Grenzen der Repräsentation", das vom 18.-20. Juli in Kooperation mit der Ruhrtriennale stattfindet (Leitung des Symposiums durch Prof. Jörn Etzold und Leon Gabriel). Studierende haben die Möglichkeit, dort unter vor- und nachbereitender Betreuung auch einen eigenen etwa 10-minütigen Beitrag vorzustellen und darüber einen Leistungsschein im Kurs zu erwerben anstelle von Hausarbeit oder mündlicher Prüfung. Die Rahmenbedingungen und Möglichkeiten dessen werden im Kurs erläutert.
Anforderungen für:
-TN: Lust auf gemeinsame Lektüre nicht immer einfacher Texte, Bereitschaft zur aktiven und regelmäßigen Teilnahme, Übernahme einer Sitzungsmoderation
-LN: TN + Hausarbeit oder mündliche Prüfung oder Symposionsbeitrag
- Kursleiter/in: Ruth Schmidt