• Warum sind Regeln für Kinder mit Fluchthintergrund wichtig?


      In diesem Abschnitt lernen Sie, was Sie bei der Erstellung von Regeln beachten müssen, wie Sie die Kinder in den Prozess einbinden können sowie was in der Arbeit mit Kindern mit Fluchthintergrund besonders zu beachten ist.


      Durch die Ankunft in einem neuen Land wird im Leben der Kinder vieles durcheinandergeworfen.
      Bisher selbstverständliche Annahmen, wie etwa, dass ihre Eltern sie immer beschützen können, gelten auf einmal nicht mehr uneingeschränkt. Stattdessen wirken sie oftmals selbst hilfsbedürftig und orientierungslos, da sie sich eine neue Sprache  aneignen müssen, zunächst nicht arbeiten dürfen und somit ihr sozialer Status bedroht ist. Die Eltern können den Kindern zwischenzeitlich nicht mehr die Unterstützung bieten, die sie benötigen, um sich in ihrem neuen Umfeld zurechtzufinden. Viele Kinder sind durch das Brückenprojekt sogar besser sozial eingebunden als ihre Eltern. Die Kinder müssen nun ihr Weltbild erweitern, sich in eine neue Umgebung einleben, vertraute Verhaltensnormen ergänzen und mitunter ihren Eltern auch noch einen Zugang (z. B. durch kleinere Übersetzeraufgaben) zu alledem verschaffen.


      Grundsätzlich dienen Regeln der optimalen Gestaltung und Strukturierung des Zusammenlebens. Sinnvoll aufgestellt können sie den Kindern helfen, sich schneller zu orientieren und ihr Verhalten dem der hier aufgewachsenen Kinder anzupassen.

      Jedes Land hat seine unausgesprochenen Regeln, die die Kinder sowie Erwachsenen von klein an beigebracht bekommen und verinnerlichen. So ist es z. B. in manchen Kulturen unhöflich, leise zu sprechen (da man ja tuscheln könnte) oder Kinder dürfen Erwachsenen nicht in die Augen schauen (ein Zeichen von Respektlosigkeit). Die Familien mit Fluchthintergrund haben andere Regeln gelernt und müssen sich erst an das neue Umfeld gewöhnen. Sie können ihren Kindern die Regeln und Werte des Aufnahmelandes nicht vermitteln, da sie diese oftmals selbst nicht kennen und durch kulturelle Unterschiede sowie die Sprachbarriere verunsichert sind. Es kann sogar vorkommen, dass die Eltern auf bestimmten Verhaltensweisen der Kinder beharren, die Außenstehende nicht nachvollziehen können. Die Kinder müssen nun, anfangs nur durch Beobachtung, Verhaltensnormen nachvollziehen und selbst anwenden. Klare Regeln können die Kinder bei der Entscheidung unterstützen, wie sie sich zu verhalten haben. Dadurch werden sie weniger verunsichert und sehen nach und nach wieder Zusammenhänge in ihrer Umgebung (z. B. „wenn ich nett zu dem Kind bin, ist es auch nett zu mir“). Zu wissen, was sie von anderen zu erwarten haben, gibt den Kindern ein sicheres Gefühl.


      Besondere Herausforderungen

      Das Erstellen und Einhalten von Regeln ist zu einem großen Anteil sprachbasiert. Dies kann zum Problem werden, da die Kinder mit Fluchthintergrund oftmals noch nicht ausreichend Deutsch sprechen, um die Regeln und ihre Hintergründe zu verstehen. Deshalb können Sie Bildmaterial wie die „Bildkarten Gefühle. für Kindergarten und Grundschule“ von Monika Bücken-Schaal (ASIN: B00CP4UCPM; s. Foto) zur Hilfe nehmen. Außerdem werden die Kinder vieles schnell durch Beobachtung anderer Kinder verstehen – oft möchten sich Kinder nämlich konform verhalten. Auch, wenn in Ihrem Brückenprojekt viel Fluktuation besteht, sind solche Regeln geeignet, die nur durch Beobachten und Nachahmen erlernbar sind. 

       

      Aufgrund mangelnder Kenntnis und Übung zeigen neu angekommene Kinder teilweise Verhaltensweisen, welche wir nicht nachvollziehen können oder gar als ungezogen empfinden. Gleichzeitig ist das bisher gezeigte Verhalten für die Kinder selbstverständlich und sie haben häufig gelernt, dass es sozial konform ist, sich so zu verhalten. Dieses sollte im Hinterkopf behalten werden, um Verhaltensänderungen behutsam zu vermitteln.



      Kinder freuen sich oft, wenn sie selbst Aufgaben erledigen dürfen und dieses auch erfolgreich schaffen. Sie können einem Kind, das sich schon gut auskennt, die Aufgabe geben, sich um das neue Kind zu kümmern und ihm zu zeigen, wo es was findet. Automatisch lernt das neue Kind dann von dem anderen, wie es sich zu verhalten hat. Das entlastet Sie nicht nur, sondern gibt dem älteren Kind auch etwas Verantwortung und es kann somit seine Autonomie erproben. 


      Da an Kinder (insbesondere den Mädchen) in Deutschland andere Anforderungen gestellt werden können als in ihren Herkunftsländern, werden Grenzen oftmals neu ausgetestet. Regeln liefern verlässliche Anhaltspunkte, anhand derer Kinder ihre Selbstbestimmungsrechte erfahren können, aber gleichzeitig auch ein Gefühl dafür bekommen, welches Verhalten unangemessen ist. Erschwert wird dies jedoch dadurch, dass Regeln je nach Situation und Gruppenzusammensetzung variieren oder außer Kraft gesetzt werden können und somit immer wieder an die konkrete Situation angepasst werden müssen. So könnte zum Beispiel den Kindern verboten werden, Kerzen anzuzünden, wenn jedoch ein Erwachsener dabei ist, wird es ihnen erlaubt. Zudem können die Familien zusätzliche oder abweichende Anforderungen an ihre Kinder stellen. Vor allem das gemeinsame Erstellen von Regeln mit den Kindern kann dabei das Verständnis fördern, dass in verschiedenen Kontexten andere Regeln gelten (z. B. zu Hause und in der Kita). Dazu gehört auch, dass die Regeln für jedes Kind immer wieder neu auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden müssen, da sie stets altersgerecht, leicht verständlich und umsetzbar sein sollten. Nach Möglichkeit ist dabei auch die Abstimmung mit den Eltern förderlich.

      Die Regeln, Werte und Normen aus ihren Herkunftsländern praktizieren die Familien größtenteils auch in Deutschland. Außerdem leben sie häufiger in Stadtteilen, in denen ein hoher Anteil der Anwohner einen Migrationshintergrund aufweist und in denen oftmals auch in den Läden und bei den Ärzten wenig Deutsch gesprochen wird. Sie kommen dadurch mit der deutschen Gesellschaft weniger in Kontakt. Das Kind wird so mit zwei komplett verschiedenen Kultur- und Wertesystemen konfrontiert und verwirrt. Die Zeit im Brückenprojekt kann also nicht nur genutzt werden, um Regeln zu etablieren, die dem Kind Sicherheit und Orientierung bieten, sondern es auch behutsam an relevante Normen für eine erfolgreiche Bildungsintegration heranzuführen. Dabei ist zu beachten, dass es in den Herkunftsländern häufig keine vergleichbare frühkindliche Bildung gibt, sondern die Kinder von den Eltern und Verwandten bis zum Schuleintritt betreut werden. Brückenprojekten bieten die Chance, geflüchtete Kinder optimal auf die verhaltensbezogenen Anforderungen in Kita und Schule vorzubereiten.


      Wie erklärt man Kindern Regeln?

      Wenn Sie einem Kind eine Regel erklären, sollten die Regel sowie ihre Konsequenzen bei Nichtbeachtung logisch nachvollziehbar und vor allem transparent sein. Das bedeutet, die Regel und ihre Konsequenzen im Vorhinein deutlich zu erklären, aber auch bei der Umsetzung sehr geduldig zu sein. Kinder behalten Regeln am besten, wenn sie einen naheliegenden Sinn dahinter verstehen können. Abstrakte Regeln werden eher nicht beachtet. Beispiel: „Schuhe gehören ins Schuhregal, damit andere nicht darüber stolpern“ anstatt „Wenn du deine Schuhe nicht wegräumst, darfst du nicht mitspielen.“ Kinder besitzen eine begrenzte Aufmerksamkeitsspanne, alles ist neu und sie können nicht so viele Reize auf einmal verarbeiten. Deshalb ist es wichtig, viel Geduld aufzubringen und den Kindern Zeit zu lassen, sich zurecht zu finden. 

      Hier können Sie mehr über das Lernverhalten von Kindern erfahren.


      Sollten Sie eine Gruppe gemischter Altersklassen oder mit hoher Fluktuation betreuen, können Sie sich dieses zum Vorteil machen: Die älteren Kinder werden für die Jüngeren zum Vorbild und regen das Beobachten und Nachahmen an.  


      So können Sie Regeln verständlich übermitteln:
       
      1. Suchen Sie Blickkontakt mit dem Kind und setzen Sie eine ernste Miene auf. 
      2. Sagen Sie die Regel langsam und deutlich auf. 
      3. Hat das Kind die Regel verstanden? Ansonsten wiederholen Sie sie. 
      4. Erklären Sie mit deutlichen, einfachen Worten und häufigen Wiederholungen, was verlangt ist. 
      5. Lassen Sie das Kind die Regel wiederholen. 
      6. Die Regel muss konsequent angewandt werden. Durch Nachgeben wird sie nicht ernst genommen.


      Besonders bei verhaltensauffälligen Kindern eignen sich sogenannte Token-Systeme, um jeden noch so kleinen Schritt in die richtige Richtung zu belohnen. Hier kann das Kind für gewünschtes Verhalten Punkte (z. B. in Form von Sternen oder Smileys) sammeln, welche es ab einer bestimmten Anzahl innerhalb eines bestimmten Zeitraums (meist einer Woche) gegen eine Belohnung einlösen kann. Dieses muss nicht zwangsläufig etwas Materielles sein – das Kind darf dann zum Beispiel das Begrüßungslied des Morgenkreises aussuchen. Wichtig ist hier, großzügig zu loben, um eine Verhaltensänderung zu erzielen! 

       



      Regeln gemeinsam mit Kindern erarbeiten

      Einerseits sollten den Kindern klare Regeln gesetzt, andererseits jedoch auch genug Freiheit geboten werden, um die eigenen Handlungsspielräume zu entdecken. Dies fördert Verantwortlichkeit sowie Selbstregulation. Eine gute Lösung dafür ist, Regeln gemeinsam zu erarbeiten. In einigen Herkunftsländern werden Regeln meist stärker von den Eltern oder Lehrern vorgegeben. In Deutschland wird häufiger auch auf ein gemeinsames Erarbeiten der Regeln Wert gelegt (z. B. durch Regelplakate). Ein Ziel ist also, den Kindern zu erklären, weshalb wir bestimmte Regeln anwenden, anstatt diese lediglich durchzusetzen. Dass sie in manchen Angelegenheiten auch Mitspracherecht haben, ist für die Kinder mit Fluchthintergrund oft ungewohnt. Durch das gemeinsame Erstellen von Regeln bekommen die Kinder ein Gefühl dafür, Forderungen angebracht oder unangebracht sind. Wichtig für das Verständnis von Regeln ist außerdem, dass sie für alle gleichermaßen gelten (das gilt auch für das pädagogische Personal). Die Kinder erwerben des Weiteren durch das Aufstellen von Regeln Eigenständigkeit und Selbstwirksamkeit, denn damit ein Kind seine Stärken und Grenzen erleben und ausbauen kann, muss es sich selbst als (Mit-) Gestalter seiner Umwelt wahrnehmen („Ich kann meine Stiefel alleine anziehen“, „Ich habe mir dieses neue Wort gemerkt“).

      Kinder hintergehen oft gesetzte Regeln, mit denen sie nicht einverstanden sind. Sie versuchen dann, selbst Regeln aufzustellen und Konflikte auszutragen, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Deshalb ist es sinnvoll, Regeln gemeinsam mit ihnen zu erarbeiten. Mit der Zeit sollten Kinder sich idealerweise mit den aufgestellten Regeln identifizieren können. Das gemeinsame Erarbeiten der Regeln erhöht die Akzeptanz, das Verständnis sowie die Motivation, diese auch auszuführen. Wenn den Kindern vermittelt werden kann, dass sie an den Regeln beteiligt sind, sind sie eher bereit, diese auch einzuhalten. Die Kinder erleben, dass ihre Bedürfnisse ernst genommen werden und Ihnen wird die Verbindlichkeit von Regeln bewusst.

      Ein bedeutender Vorteil von gemeinsamer Regelerarbeitung ist, dass viele Kinder Spaß daran haben, Regeln zu entwerfen und sich auch nicht daran stören, wenn diese sich schnell verändern. Dies ist auch beobachtbar, wenn Kinder eifrig über Spielregeln selbst erfundener Spiele diskutieren. Wenn sie sich selbst Regeln ausdenken und diese umsetzen können, lernen sie also, sich an Regeln zu halten und sie auch eher als Hilfe zu betrachten, die gemeinsames Handeln strukturiert und fördert. Sie erkennen Sinn und Unsinn von Regeln und beginnen, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren.


      Das Einüben und Erstellen von sinnhaften Regeln lässt sich wunderbar spielerisch in den Alltag integrieren: So können Sie zum Beispiel eine „Regelecke“ oder ein „Regelzelt“ herrichten, in welchem die Kinder jeden Tag gemeinsam neue Regeln aufstellen dürfen (dieses dürfen auch gerne unsinnige sein, wie zum Beispiel, dass jeder, der das Zelt betritt, einen Hut tragen muss). Über diese Regeln können Sie dann anschließend gemeinsam mit den Kindern nachdenken - haben uns die Regeln gefallen? Waren sie sinnvoll? Möchten wir heute neue Regeln aufstellen?  

      Hier finden Sie mehr über die Förderung prosozialen Verhaltens.

       

      Umgang mit Missachtung von Regeln

      Missachtet ein Kind die Regeln, sollten Sie zunächst feststellen, ob dies bewusst oder aus Unwissen bzw. Vergesslichkeit heraus geschieht. Bei letzterem genügt es, freundlich darauf zu beharren, dass das Kind sein Fehlverhalten korrigiert und sich entschuldigt. Bei ersterem sollten Konsequenzen folgen, jedoch keine willkürlichen Strafen. Machtkämpfe mit dem Kind sollten vermieden werden – es geht nicht darum, wer über wem steht und auch nicht darum, das Kind auszuschimpfen. Besonders Kinder mit Fluchthintergrund benötigen viel Geduld und freundliche Anleitung. Bisherige Bräuche und Verhaltensnormen der Kinder haben eine grundsätzliche Berechtigung. Kindern sollte nicht das Gefühl gegeben werden, dass sie vormals etwas „falsches“ erlernt haben, was nun korrigiert wird. 

      Wenn ein Kind beispielsweise mit Essen herumwirft, können wir es auffordern, die Umgebung selbst sauber zu machen. Wenn es das nicht tut, werden wir ihm nicht, wie gewohnt, im Anschluss eine Geschichte vorlesen, weil wir stattdessen putzen müssen und somit keine Zeit dafür haben. Die Konsequenzen sollten also eine logische Folge des Handelns darstellen und für das Kind von persönlicher Bedeutung sein, damit es verstehen kann, warum es so wichtig ist, diese Regel zu befolgen. Aufräumen oder Fegen als Standardstrafe zu benutzen führt dazu, dass diese Arbeit als Strafarbeit gesehen wird und nicht als sinnvolle Handlung. Anstatt ein Kind nach Fehlverhalten zu bestrafen sollten wir ihm konkrete und begründete Anweisungen geben, wie es sich stattdessen verhalten soll. Das Ziel ist, dem Kind alternative Strategien beizubringen, wie es sich selbst beruhigen kann, damit es sich in Zukunft besser an die Regeln halten kann.


      Um gemeinsam mit den Kindern Regeln zu erstellen, können Sie zum Beispiel einen Sitzkreis bilden. Zusammen können Sie dann überlegen, welche Verhaltensnormen Ihnen und den Kindern wichtig sind (z. B. dass man allen gegenüber freundlich ist). Jedes Kind muss sein Einverständnis erteilen sowie seine Bereitschaft, diese zu befolgen – das können Sie symbolisieren, indem Sie die Regel zum Beispiel auf ein Plakat schreiben und jedes Kind mit einem farbigen Handabdruck (Fingerfarben!) „unterschreibt“. Bei kleinen Kindern oder solchen, die noch kein Deutsch sprechen eignet sich vor allem Bildmaterial. Sie können die Regeln auch gemeinsam im Morgenkreis wiederholen. 


      Besonders wichtig: Geduld, Wärme und Unterstützung. Die Kinder wollen uns nicht ärgern, wenn sie sich nicht an Abmachungen oder Regeln halten, sondern haben es bisher nicht anders gelernt. Gewohnheiten sind schwer zu ändern! 


      Wenn ein Kind andere Kinder beim Reden unterbricht, um selbst etwas zu sagen, könnten Sie ihm raten, dass es lieber warten sollte, bis eine Gesprächspause entsteht, damit die anderen Kinder es auch hören, anstatt es lediglich zu ermahnen, leise zu sein oder gar in einen anderen Raum zu schicken.

      Kinder mit Fluchthintergrund zeigen mehr Angst, Rückzugsverhalten, Wut und Gefühlsausbrüche. Wenn ein Kind beispielsweise einen Wutausbruch hat, dann hat es noch Schwierigkeiten dabei, seine Gefühle zu regulieren. Wir sollten ihm Zeit geben, sich zu beruhigen und dann ein Gespräch mit ihm suchen: Dann können wir ansprechen, warum uns das Verhalten störte und gemeinsam mit dem Kind überlegen, was es beim nächsten Mal anders machen kann. Ist das Kind immer noch aufgebracht, können wir darauf eingehen: „Ich habe das Gefühl, dass du deswegen sehr ärgerlich bist. Woran liegt das?“ Wenn das Kind noch nicht bereit ist, vernünftig mit uns zu sprechen, lassen wir ihm etwas mehr Zeit, sich zu beruhigen und versuchen es dann noch einmal erneut. Was sind die Interessen und Handlungsmotive des Kindes? Hierbei geht es nicht darum, auf der alten Regelung zu beharren, sondern dass das Kind den Sinn dieser Regelung versteht und motiviert wird, sich in Zukunft auch an diese zu halten.


      Aus dem Alltag: Wie man mit Regelbrüchen umgehen oder diese vermeiden kann...
       

      1. Wenn Kinder Schimpfwörter (oder sonstige „verbotene“ Wörter) benutzen, kann man Settings erstellen, in denen dieses erlaubt ist (z. B. Schimpfwörterbuch, Ecken, in denen man Worte brüllen darf, etc.). Dadurch verlieren sie schneller das Interesse daran und die Schimpfwörter müssen neuen Eindrücken Raum geben. 

      2. Wenn das Kind sich nicht an wichtige Regeln hält, kann man es zu einer Auszeit in die „Kuschelecke“ schicken. Wichtig ist: Deutlich machen, dass es sich nicht um Ausgrenzung als Strafe handelt, sondern dass man dem aufgewühlten Kind die Möglichkeit gibt, sich zu beruhigen, bevor es in die Situation zurückkehrt.

      Am Anfang bietet es sich an, Situationen bewusst so zu gestalten, dass das Potential für Regelbrüche und Konflikte möglichst gering ist. Des Weiteren gilt: Je strukturierter eine Situation ist, umso weniger Regeln sind notwendig. 

      Wie Sie einen Tag in Ihrem Brückenprojekt strukturieren können, können Sie hier nachlesen.

      Wichtig: Eine demokratische Erziehung bedeutet auch, allen Kinder mit der gleichen Haltung gegenüberzutreten. Im Alltag werden jedoch oft nur „brave“ Kinder fair und gleich behandelt. Wenn Kinder nicht in der Lage sind, Regeln einzuhalten, reagieren Erwachsenen häufig wertend. Es ist zu erwarten, dass besonders geflüchtete Kinder nicht unmittelbar alles, was wir erklären, begreifen können und es dadurch häufiger zu Problemen mit Regeln kommen kann.

      Manchmal bietet es sich auch an, Regeln außer Kraft zu setzen. Denn dadurch wird deutlich, dass Regeln keine unumstößlichen Gesetze sind, welche immer und ewig gelten. Gerade aufgrund der verschiedenen Kulturen kann dies eine Erleichterung für das Kind sein: Teilweise beharren Eltern auf bestimmten Verhaltensweisen oder Ritualen, die sie für wichtig erachten. Kinder mit Fluchthintergrund erleben so, dass in verschiedenen Kontexten verschiedene Regeln gelten können.

       

      Regeln spielerisch und durch Rituale etablieren

      Die Einhaltung von Regeln und Kontrolle von Impulsen kann vor allem für Kinder, die dies (noch) nicht gewohnt sind, sehr mühsam sein. Glücklicherweise werden die meisten Regeln schon automatisch durch Rituale umgesetzt. Idealerweise können diese genutzt werden, um Kinder mit Fluchthintergrund spielerisch an Verhaltensnormen zu gewöhnen – und machen dabei den Kindern auch noch Spaß!

      Ein etablierter Ansatz ist der Morgenkreis oder auch die Abschlussrunde. Hier erlernen die Kinder etwa stillsitzen sowie zu schweigen, wenn andere reden. Der Morgenkreis kann auch dazu genutzt werden, gemeinsam mit den Kindern Regeln zu besprechen. Solche könnten beispielsweise lauten: „Jedes Kind ist im Morgenkreis willkommen und wird freundlich aufgenommen, auch wenn es später hinzukommt.“ Flexibilität kann dadurch erreicht werden, wenn man morgens mit den Kindern bespricht, ob diese Regeln noch gültig sind, oder ob sie welche (begründet) ändern möchten, wenn beispielsweise ein bestimmtes Fest ist und den Kindern dadurch mehr erlaubt wird.

      Auf der Seite zu Ritualen finden Sie noch mehr Anregungen!