„Dirt is essentially disorder. There is no such thing as absolute dirt: it exists in the eye of the beholder“ – so beschreibt Mary Douglas 1966 in Purity and Danger den Schmutz als etwas zutiefst Konstruiertes, das weniger durch materielle Eigenschaften als durch kulturelle Ordnungssysteme definiert wird. Schmutz kann dabei auf Grenzen verweisen: zwischen sauber und dreckig, innen und außen, Natur und Kultur, Norm und Abweichung. Wo Schmutz verhandelt wird, werden Systeme sichtbar – und deren Brüche.
Das Seminar widmet sich „Schmutz“ als ästhetischem, politischem und epistemologischem Problem in Medien, Kultur und Theorie. Es fragt nach dem Abjekten (Kristeva, Butler), nach Dreck, Müll und Ekel, nach filth und smut, nach dem Schmutz der Bilder, Körper und Worte. Im Zentrum stehen Narrative der Verunreinigung – ob im Kontext von Queerness, Krankheit oder Migration –, ihre mediale Aushandlung und ihre gewaltvollen Effekte und Kontinuitäten.
Untersucht werden mediale Verschmutzungsdiskurse, in denen Schmutz als Marker sozialer Ordnung fungiert – als Mittel der Abgrenzung, Disziplinierung und Kontrolle. Ob in queeren, kranken oder migrantischen Körpern, in Bildern, Sprache oder Infrastrukturen: Schmutz verweist auf das, was ausgeschlossen, delegitimiert oder entsorgt wird – mit materiellen wie affektiven Konsequenzen.
Ein Schwerpunkt wird zudem auf postindustriellen und ökologischen Kontexten liegen, etwa im Ruhrgebiet: Die „Gelsenkirchener Jauche“ steht exemplarisch für toxische Vermächtnisse extraktiver Politik, für biopolitische Kontrolle durch Entwässerung, Segregation und Stigmatisierung. Das Seminar folgt diesen Spuren mit einer medientheoretisch informierten, sinnlich-analytischen Lektürepraxis – zwischen Theorie, Film und sensorischer Aufmerksamkeit für das, was haftet, fließt, stinkt.
- Kursleiter/in: Natalie Pielok