Selbstzeugnisse sind Quellen, in denen die Selbstwahrnehmung historischer Subjekte zum Ausdruck kommt oder deren Denken, Fühlen und Handeln durch Dritte beschrieben wird. Diese können freiwillig oder unfreiwillig hinterlassen worden sein, wie Briefe, Tage- und Haushaltsbücher, Reise- und Lebensberichte, oder von Dritten erstellte sogenannte Ego-Dokumente wie Rechtsakten, z.B. Verhörprotokolle und Gutachten, Visitationsakten, Testamente, Bittschriften oder Gnadengesuche, in denen Selbstaussagen verzeichnet bzw. wiedergegeben werden. Die Entdeckung dieser durch das Forschungsinteresse an alltags- bzw. emotionsgeschichtlichen Fragen und nicht anhand spezifischer Textarten definierten Quellengruppe in den 1990er Jahren, führte zu einer Zunahme an Forschung über sonst eher unterrepräsentierte Gruppen wie die Landbevölkerung, städtische Unterschichten, soziale Randgruppen, aber auch Frauen und Kinder. Wegen der scheinbar größeren Unmittelbarkeit der Informationen über die Verfasstheit des Individuums wird Selbstzeugnissen oft vorschnell hohe Authentizität und v.a. Zugang zu vergangenen Emotionen zugeschrieben. Doch auch diese Quellen müssen einer sorgfältigen Quellenkritik unterzogen werden. Die Erarbeitung bzw. Identifikation kontext- bzw. standesspezifischer Schreibkonventionen, sprachliche Besonderheiten und insbesondere der Entstehungskontext und die oft fragmentarische bzw. isolierte Überlieferung aus der Mikroperspektive stehen in der LV im Vordergrund
Geöffnet für MaRS, MATILDA, Gender Studies, Religionswissenschaften.

Semester: WT 2025/26