Wer arbeitet, damit Literatur geschrieben werden kann? Wann wird Literatur Arbeit? Kann man vom Schreiben leben? Nein, wer kann vom Schreiben leben? Was passiert mit literarischen Texten, wenn sie Arbeit – vor allem solche, die oft im Schatten „erzählenswerter“ Ereignisse stattfindet – zum Thema macht? Wie machen Texte das Lesen selbst zu Arbeit? In diesem Seminar widmen wir uns den oft übersehenen Aspekten und Formen von Arbeit. Schichtdienst, Care-Arbeit, Pflege und Fließband- und Verwaltung interessieren uns hier, weil sie repetitiv und gleichförmig sind und daher Erzähl- und Schreibweisen herausfordern, die auf Innovation, Überraschung und Spannung basieren. Wie erzählt man die „systemrelevante“ Arbeit, die Pfleger*innen, Hausmeister*innen, Behördenmitarbeiter*innen, und Beschäftige der Abfallwirtschaft leisten? Wer entscheidet, was wie literaturfähig oder -würdig ist und wie schreiben Autor*innen über die „Brotjobs“, die es ihnen erlauben, „Literatur“ zu produzieren? Erzähltheoretische, formalistische und poetologische Aspekte dieser Fragen sind ebenso Gegenstand unseres Seminars, wie die kulturwissenschaftlichen und politischen Perspektiven, die Texte und Interpretationsmodelle suggerieren. Das Spektrum der Texte reicht von Lyrik und Liedern über Dramen und Science-Fiction bis zu Essay und life writing und wird eine große Bandbreite historischer Epochen abdecken. Die endgültige Lektüreliste wird in der ersten Semesterwoche festgelegt. Bringen Sie also gern Texte mit, die Sie besprechen möchten. Vorschläge nehme ich auch vor Seminarbeginn per E-Mail an.

Mögliche Lektüren und vorbereitende Literatur:

Émile Zola: Germinal, Herman Melville: Bartleby the Scrivener, Elizabeth Gaskell: Mary Barton; Thea von Harbou: Metropolis; Erika Runge: Bottroper Protokolle; Adelle Stripe: Black Teeth and a Brilliant Smile, Octavia Butler: The Parable of the Sower, Gioconda Belli: Die bewohnte Frau (La mujer habitada); Zara Zerbe: Phytopia Plus; David Foster Wallace: The Pale King;

Alena Heinritz, Julia Nantke (Hg.). Autor:innenschaft und/als Arbeit: Zum Verhältnis von Praktiken, Inszenierung und Infrastrukturen. Paderborn: Brill/Fink 2024.

Iuditha Balint, Julia Dathe, Kathrin Schadt und Christoph Wenzel (Hg.). Brotjobs & Literatur. Berlin: Verbrecher 2021.

Nicole Mayer-Ahjuta, Oliver Nachtwey (Hg.). Verkannte Leistungsträger:innen. Berichte aus der Klassengesellschaft. Berlin: Suhrkamp 2021.

Jens Grimmstein, Timo Skrandies und Urs Urban (Hg.). Texte zur Theorie der Arbeit. Stuttgart: Reclam 2015.

Semester: WT 2025/26