Aussparen, verstecken, überbelichten, verhüllen – die künstlerischen Strategien zur Produktion von Unsichtbarkeit sind so vielfältig wie die Formen der Unsichtbarkeit selbst. Während uns Rosemarie Trockel mit ihren elektrifizierten Herdplatten-Arbeiten ein klassisches minimalistisches Bild präsentiert, lauert unter der kalten ästhetischen Oberfläche die reale Gefahr, sich an dem Kunstwerk schwer zu verletzen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Paul Klee der Überzeugung, er könne in seinen Gemälden mit bestimmten Farben eine Atmosphäre erzeugen, die Phänomene wie Hitze nicht nur symbolisiert, sondern tatsächlich erzeugt. Unsichtbarkeit kann sich jedoch auch auf die fehlende Repräsentation bestimmter Personengruppen und damit verbundene sozial- wie kulturpolitische Machtgefälle beziehen. Wie Ana Mendietas Untitled (Glass on Body Imprints) (1972) macht Valie Exports Tapp und Tastkino (ab 1968) durch verdeckte Vorgänge des Tastens auf die mediale und gesellschaftliche Unterdrückung von Frauen und ihrer Körper aufmerksam. Demgegenüber legen uns Paul Mpagi Sepuyas Studiofotografien fotografische Fährten hin zum queeren Begehren Schwarzer und weißer Körper und fordern dabei das visuelle Vokabular der Moderne heraus. Aber auch wissenschaftstheoretisch wie ausstellungsinstitutionell schlägt sich Unsichtbarkeit, beispielsweise durch eine exklusive Kanonbildung, nieder. Dieser wirken die Bleiweiß-Untermalungen Kathleen Giljes entgegen, die lediglich durch Röntgenstrahlen sichtbar werden: Die Künstlerin ergänzt Erzählungen über den weiblichen Körper wie Susanna im Bade um die ihnen zu Grunde liegenden, teilweise erschreckenden Phantasien. Yves Klein nimmt demgegenüber mit einer ‚leeren Ausstellung‘ 1958 in der Pariser Galerie Iris Clert die unsichtbaren, doch oft allgemeingültigen Rahmenbedingungen und Prämissen des Ausstellens institutionskritisch in den Blick.

Deutlich werden die vielfachen Formen der Unsichtbarkeit, die ineinandergreifen können, wenn beispielsweise gesellschaftliche Unsichtbarkeit in Wechselwirkung mit institutioneller Unsichtbarkeit steht. Dabei nehmen Unsichtbarkeiten Bezug auf die, mit den Worten Johanna Schaffers, Ambivalenzen der Sichtbarkeit. Oder sollten wir vielmehr von den Ambivalenzen der Unsichtbarkeit sprechen? Dieser Frage gehen wir im Seminar entlang einer breiten Auswahl künstlerischer Arbeiten nach. Begleitet von interdisziplinären Auseinandersetzungen mit den Topoi der Unsichtbarkeit, schauen wir uns an, wie unterschiedliche Künstler*innen Formen der Unsichtbarkeit verhandeln und – so widersprüchlich es klingen mag – letztlich an Prozessen der Sichtbarmachung beteiligt sind.

Semester: WiSe 2025/26