Das Drama über den thrakischen König Rhesos, der den Trojanern gegen die Griechen zur Hilfe eilt, jedoch noch vor seinem Eingreifen in die Schlacht von Odysseus und Diomedes auf einem Spähgang im Schlaf getötet wird, unterscheidet sich unter dramaturgischen und formalen Gesichtspunkten stark von den übrigen euripideischen Tragödien: Die Handlung, die ohne Prolog medias in res einsetzt, spielt nachts, der vermeintliche Protagonist Rhesos hat nur eine Nebenrolle, die Gestaltung des Stoffes orientiert sich stark an dem 10. Buch der homerischen Ilias, die Götter greifen in tragikomischer Maskerade in das Geschehen ein, und am Schluss des Stückes reflektiert eine Muse über das Geschehen und zugleich über die dramatische Kunst, es zu inszenieren.
In der Lektüreübung wird die Tragödie in Ausschnitten gelesen, wobei metrische, sprachliche und stilistische Besonderheit erläutert werden. Zudem werden anhand von Begleitmaterialen zur Poetik der Tragödie sowie zur Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des Rhesos unterschiedliche Interpretationsansätze vorgestellt.
Textausgabe: J. Diggle, Euripidis Fabulae, Bd. 3, Oxford 1994.
Übersetzung: A. Feikert, Euripidis Rhesus. Einleitung, Übersetzung, Kommentar, Frankfurt a.M. 2005.
Kommentar: M. Fantuzzi, The Rhesus Attributed to Euripides, Cambridge 2020.

Semester: SoSe 2025