Übung für Fortgeschrittene: Native Americans on Display: Völkerschauen, Weltausstellungen und Museen 

 Die Übung untersucht die Geschichte der öffentlichen Zurschaustellung von Native Americans, Inuit, und Inupiat in Nordamerika und Europa. Seit der Frühen Neuzeit entführten europäische Entdecker, Kolonisatoren und Konquistadoren wie Columbus, Vespucci, Corte-Real, Cartier, Caboto regelmäßig Mitglieder indigener Gruppen, um sie in Europa vor ihren Herrscherhäusern oder in der Öffentlichkeit zu paradieren. Um 1533 bzw. 1550 wurde in Rouen das Dorf der brasilianischen Tupinamba nachgebaut, in dem 50 Mitglieder dieses Volkes ihr „Alltagsleben“ zur Schau stellen mussten. Ergänzt wurden sie durch 250 französische Matrosen, deren Körper rot angemalt wurden. Größere „Völkerschauen“ in Deutschland waren etwa die des ethnologischen Sammlers Samuel Hadlock aus Maine, der seine „Eskimoschau“ zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Deutschland zeigte. Seine Sammlung findet sich u.a. im Berliner Humboldtforum, das im Rahmen einer von zwei geplanten Exkursionen besucht werden soll.  Beginnend mit seiner "Lappländer-Ausstellung" im Jahr 1874 veranstaltete der Tierhändler Carl Hagenbeck in Hamburg regelmäßig Völkerschauen, bei denen 1880/81 Inuit und 1910 auch Sioux ausgestellt wurden. Die 1882 entwickelten zirzensische Wild-West-Show von William Cody, alias Buffalo Bill, die das Lebens in den Great Plains inszenierte, wurde zunächst in den USA gezeigt, kam im Jahr 1887 nach London und ging zwei Jahre später auf Europatournee. Auch die Columbian Exposition in Chicago zeigte nicht nur technologische Errungenschaften wie Elektrizität, sondern auch „indianisches Leben“. Die dort arbeitenden Native Americans waren wegen der Wirtschaftskrise und dem Verlust ihres Landes weitgehend gezwungen, auf dem Ausstellungsgelände als „Krieger“ und „Squaws“ aufzutreten. In dieser Übung werden Ausstellungspraktiken untersucht und der Zusammenhang dieser Schauen mit der zeitgenössischen ethnografischen Forschung und der Kolonialpropaganda reflektiert. Beleuchtet werden sollen auch die Inszenierungsmuster dieser Schauen und den „Stereotypenkreislauf“, durch den bei den Besucher*innen bereits verankerte Klischees aktiviert, mit der Lebenswelt des Publikums verknüpft und im Verlauf der Vorstellung reproduziert wurden.

Semester: SoSe 2025