Die aḥādīṯ (Sg. ḥadīṯ), also Aussprüche und Handlungen, die dem islamischen Propheten Muḥammad und seinen Gefährten zugeschrieben werden, haben in der islamischen Tradition nach dem Koran den höchsten Stellenwert. Als Quelle für die muslimische Frömmigkeit und das islamische Recht besitzen die aḥādīṯ eine zentrale Funktion. Die großen, heute von den Sunniten als verbindlich angesehenen, Ḥadīṯ-Sammlungen stammen aus dem 9. Jahrhundert. Die klassische islamische Ḥadīṯ-Wissenschaft hat zur Überprüfung der Authentizität einer Überlieferung eigens eigene Kriterien entwickelt. Die Echtheit der Überlieferungen wurde von den Ḥadīṯ-Gelehrten in erster Linie anhand der Überliefererkette (isnād, Pl. sanad) überprüft. Ein ḥadīṯ wurde in der Regel für echt befunden, wenn alle Gewährsleute in der Über- lieferungskette als fromme und vertrauenswürdige Muslime galten. Die historisch-kritisch arbeitende Orientalistik hat, was die Einschätzung der Überliefererkette als Beweis für die Authentizität eines ḥadīṯ angeht, eine wesentlich skeptischere Haltung eingenommen. Eine weitere Gattung, aus der Informationen über das Leben Muḥammads gewonnen werden, ist die sog. Prophetenbiographie (sīra, Pl. siyar), in der das Überlieferungsmaterial in eine durchgehende Chronologie gestellt wird. Nach einem Überblick über die bedeutendsten Ḥadīṯ-Sammlungen, Prophetenbiographien und islamischen Geschichtswerke werden in dem Seminar einige „Klassiker“ der islamwissenschaftlichen Muḥammad-/ bzw. Ḥadīṯ-Forschung (Buhl, Goldziher, Schacht, Sezgin, Watt) besprochen, bevor dann auf aktuelle Ansätze und methodische Diskussionen in der Frühislamforschung genauer eingegangen wird.

Semester: SoSe 2024