Dass literarische Texte im Mittelalter, in Zeiten also, da sich noch längst kein Buchmarkt etabliert hatte, ohne die Unterstützung eines Mäzens oder einer Mäzenin nicht zustande kommen konnten, gehört seit jeher zum selbstverständlichen Grundlagenwissen eines jeden Studierenden mediävistischer Fächer. Während auf anderen Feldern – etwa auf dem Gebiet des Autor- oder Werkverständnisses – unser scheinbar sicheres Wissen über den mittelalterlichen Literaturbetrieb in den letzten Jahren kräftig erschüttert worden ist, pflegen wir die in mittelalterlichen Texten vielfach begegnenden preisenden Erwähnungen geistlicher oder weltlicher Mächtiger nach wie vor als realhistorische Informationen zu lesen, aus denen sich wertvolle Erkenntnisse über die Entstehungs- und Rezeptionsbedingungen mittelalterlicher Literatur unmittelbar ableiten lassen. Im Seminar soll es darum gehen, diese epistemologischen Voraussetzungen kritisch zu überprüfen. Dazu sind zunächst eine ganze Reihe von Gönnernennungen enthaltender Texte aus verschiedenen Zeiträumen und aus unterschiedlichen Genres der Literatur des 10. bis 15. Jahrhunderts zu sichten; in einem nächsten Schritt wird es darum gehen, eine Systematik mittelalterlicher Gönnernennungen zu entwickeln und eventuelle funktionelle Einbindungen zu erkennen. Fernziel ist der Entwurf einer Poetik mittelalterlicher Gönnernennungen.
Von den Seminarteilnehmer:innen wird die Fähigkeit zur Lektüre auch längerer unübersetzter mittelalterlicher Texte erwartet sowie die Bereitschaft, sich selbstständig in einen Themenkomplex einzuarbeiten.
- Kursleiter/in: Bernd Bastert
- Kursleiter/in: Pilar Garcia Diaz