Behandelt werden soll in der Vorlesung eine Textgruppe, die etwas unscharf
mit dem Begriff ‚Tierdichtung‘ umschrieben wird. Konzentriert hat man sich in
der Erforschung dieser mittelalterlichen Textsorte oft auf den
hochmittelalterlichen Reinhard-Fuchs-Stoff und dessen bis zu Goethe reichenden
Bearbeitungen einerseits und andererseits auf die spätmittelalterlichen und
frühneuzeitlichen Adaptationen der
antiken Fabeldichtung, wobei häufig nur
eine Ausprägung der jeweiligen Tierdichtung – also entweder Reinhard Fuchs oder
Fabeln – näher fokussiert wurden. es kommt aber gerade auf eine Zusammenschau
sämtlicher Texte an, die noch um weitere Beispiele ergänzt werden sollen, in
denen Tiere in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Literatur eine
prominente Rolle spielen. Dabei wird die Analyse jener Texte an anderer Stelle
anzusetzen haben, als dies in älteren Arbeiten der Fall ist, in denen beinahe
durchgehend auf politische und/oder historische Hintergründe des Textcorpus
abgehoben wird. Adäquatere Einsichten in den kulturellen Habitus der Epoche
versprechen hingegen Lektüren, die etwa die in der Tierdichtung beinahe
allgegenwärtige Gewalt vor der Folie divergierender Diskurse aus dem
feudaladeligen und theologisch-klerikalen Bereich verstehen. Nach einem ersten
systematischen Überblick, der unterschiedliche Diskurse vorstellt, die für die
mittelalterliche und
frühneuzeitliche Tierdichtung von entscheidender
Wichtigkeit sind, werden im zweiten Teil der Vorlesung die Interferenzen und
Ausprägungen solcher Diskurse exemplarisch an geeigneten Texten des 10./11. bis
17. Jahrhunderts vorgestellt und erörtert.
- Kursleiter/in: Bernd Bastert
- Kursleiter/in: Teresa Reinhild Küppers
- Kursleiter/in: Judith Weiß