Bei Schillers Über die Ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen von 1795 handelt es sich um einen der klassischen Texte deutschsprachiger Ästhetik. Hegel attestierte den Briefen bereits, mit ihrer Dialektik Kants „Subjektivität und Abstraktion des Denkens“ überwunden zu haben, und noch der Dekonstruktivist de Man sieht hier „the basis of our liberal system of education.“ Die Briefe entwickeln u.a. eine Theorie des schönen Scheins und die anthropologische Einsicht in den Menschen als spielendes Wesen, sie setzen Schönes und Erhabenes miteinander in Beziehung und bieten schließlich die durchaus problematische Blaupause für einen bürgerlichen Rückzug, um vor den Gewalttätigkeiten der Politik (wie etwa der zeitgenössischen französischen Revolution) in Kunst und Innerlichkeit zu flüchten. Neben der Wirkmächtigkeit dieser Schrift gibt es weitere gute Gründe, sie einer äußerst gründlichen Lektüre zu unterziehen: Die Ästhetische Erziehung ist in der Argumentation immer wieder sprunghaft, ihr Verweisungsreichtum ist immens, und das macht ihre Lektüre zum Problem. Aufgabe des Seminars wird es daher sein, nach einer knappen Kontextuierung im Werk von Schiller, von Vorläufern und Zeitgenossen (vor allem Winckelmann, Herder und Forster) die Briefe schrittweise zu rekonstruieren – und gegebenenfalls auch zu dekonstruieren. Das Seminar findet als hybride Veranstaltung statt, wobei sich an die wöchentlichen Zoom-Sitzungen eine ganztägige Blockveranstaltung in Präsenz am 21. Januar 2025 (von 9 bis 17 Uhr s.t.) anschließen wird.
- Kursleiter/in: Dimitri Liebsch