Die Eingruppierung von Künstler:innen in die „klassischen Avantgarden“ (Expressionismus, Futurismus, DADA, Surrealismus etc.) gehört zu den Standards der Kunstgeschichte des 20. Jhd. Viele dieser Künstler:innen würden wir heute als „queer“ bezeichnen, eine Kategorie, die sich jedoch erst seit ca. 1980er Jahren etabliert. „Queer“ meint mehr als „nur“ sexuelle Orientierungen (schwul/lesbisch), sondern steht für eine ganze Bandbreite an nicht konformen Sexualitäten oder Geschlechtern (LGBTQIA+*). Es wird im Seminar darum gehen, die Kunstproduktion der Avantgarden aus einem heutigen „queeren“ Blickwinkel neu zu betrachten: Wie sieht die Kunst von Personen aus, die wir heute „queer“ nennen? Wie zeigt sich darin Sexualität und Geschlecht? Oder spielt sexuelle Orientierung keine Rolle? Muss sie versteckt und verklausuliert werden? Wie hängen damalige Ideen und medizinische Definitionen von Sexualität und Geschlecht mit Kunstproduktion zusammen und wie wirkt sich diese auf die künstlerische Identität aus? Welche Dynamiken entwickeln sich intersektionell, d.h. wie wirken sich Hautfarbe und Herkunft auf sexuelle Orientierung und Geschlecht in der Kunst der Avantgarden aus? Gibt es einen „queeren“ Stil? Welche Rolle spielt die Biographie „queerer“ Künstler:innen in einer Kunstgeschichte, die biographische Interpretationen eher vermeidet? Wie funktionieren „queere“ Netzwerke innerhalb der Avantgarden? Können Kunstwerke, die von heterosexuellen Avantgarde Künstler:innen gemacht wurden auch „queere“ Kunst sein?

 

Teil des Seminars ist ein internationaler Workshop 4.-5. Dezember 2024. Teilnahme daran ist verpflichtend (4.12: 18-20 Uhr, 5.12: 9-17 Uhr; dafür werden Termine im Januar entfallen)

2 CP werden durch eine aktive Teilnahme, Anfertigung von Lesekarten/Protokollen erreicht. 8 CP werden für aktive Teilnahme, Anfertigung von Lesekarten und die Anfertigung eines wissenschaftlichen Posters vergeben.

 

Literatur:

Christopher Reed, Art and Homosexuality, A History of Ideas, Oxford Uni Press 2011
Catherine Lord/Richard Meyer, Art and Queer Culture, Phaidon London 2013
Mike Laufenberg, Queere Theorien zur Einführung, Junius Hamburg 2023

Semester: WT 2024/25