Mit ihren Tropismen stellt Nathalie Sarraute 1939 die Weichen für ein neuartiges Erzählen, das in artistischen Miniaturen mikroskopisch genau kleinste Gefühlsregungen entschlüsselt. Sie bereitet damit dem Nouveau Roman den Weg, der in Frankreich ab den 1950er Jahren – in einer Absetzbewegung vom realistischen Gesellschaftsroman des 19. Jahrhunderts einerseits und einer ‚littérature engagée‘ andererseits, – die Konstruktion von Wirklichkeit durch Literatur offenlegt.

Im deutschsprachigen Raum folgen Ror Wolf und Brigitte Kronauer diesen Spuren. Wolf inszeniert in seiner Prosa – etwa in der ‚Abenteuerserie‘ Pilzer und Pelzer (1967) – die Kategorie des Ereignisses auf mehreren Ebenen als ironischen Störfall. Es geschieht immer entweder gar nicht, oder ein Mord nach dem nächsten. An Wolf knüpft Brigitte Kronauer mit ihren Erzähl-Experimenten an. Sie bringt die Verwobenheit von Literatur und Leben in spielerischer Perspektivenvielfalt zur Darstellung und nimmt dabei insbesondere das Leben von Durchschnittmenschen in wechselnden Beleuchtungen in den Blick. Wie sie dies mit allen erzähltechnischen ‚Tricks der Diva‘ – so der Titel einer zuerst 2004 erschienen Geschichtensammlung – tut, das gilt es zu entschlüsseln.

Textgrundlagen:

-          Nathalie Sarraute: Tropismen. Stuttgart 1989. (Cotta’s Bibliothek der Moderne)

-          Ror Wolf: Pilzer und Pelzer. Eine Abenteuerserie. Frankfurt a.M. 1978. (Suhrkamp Taschenbuch, antiquarisch erhältlich)

-          Brigitte Kronauer: Die Tricks der Diva. Die Kleider der Frauen. Geschichten. Mit einem Nachwort von Thomas Steinfeld. Stuttgart 2010.

Grundlage für einen Teilnahmenachweis ist die aktive und regelmäßige Mitarbeit, vor- und nachbereitetes Lektürepensum sowie die Übernahme einer Themenpartnerschaft mit Thesenpapier. Ein Leistungsnachweis baut auf einen Teilnahmenachweis auf.

Semester: WiSe 2024/25