Berühmte filmtheoretische Schriften haben drei Gemeinsamkeiten: ein Format, einen Ort und eine Perspektive. ‚Film‘ wird meistens mit dem abendfüllenden feature film gleichgesetzt, der auf analoge Kameraaufnahmen zurückgeführt werden kann. Der Ort dieses Films ist das Kino – ein abgedunkelter Saal mit heller Leinwandprojektion. Und die Perspektive, die Theoretiker*innen gegenüber dem Medium Film einnehmen, ist die des Publikums vor der Kinoleinwand. 

Das Seminar geht davon aus, dass der abendfüllende Spielfilm, das Kino und die Perspektive des Rezeptionspublikums keine zufriedenstellenden Ausgangspunkte mehr sind, um zentrale Eigenschaften filmischer Bilder im 21. Jahrhundert zu beschreiben. Bewegtbilder werden nunmehr digital aufgezeichnet, mit Software animiert, per KI-tool generiert, potenziell endlos nachbearbeitet, als Datenpakete vertrieben, auf heimischen Endgeräten gestreamt, massenhaft über Social-Media-Plattformen verteilt, als kurze Clips und Memes konsumiert. Anhand ausgewählter Texte versucht das Seminar eine Standortbestimmung, was Film und Filmtheorie heute (noch) sein können. 


Semester: SoSe 2024