Reliquien
einer oder mehrerer bedeutender heiliger Personen finden sich noch heute in
zahlreichen katholischen Kirchen, nicht selten werden sie in prunkvollen
Behältnissen präsentiert und damit als das zur Schau gestellt, was sie über
Jahrhunderte hinweg gewesen sind – der größte Schatz, dessen sich eine Kirche
rühmen konnte. Im Verlauf des Seminars nehmen wir die Spur der
Reliquienverehrung in der Spätantike auf mit der Auffindung und Erhebung der
Märtyrer Protasius und Gervasius durch den Mailänder Bischof Ambrosius im Jahr
386. Schnell nahm die Verehrung außergewöhnlicher Verstorbener weiterreichende
Züge an, ihre Überreste wurden durch ganz Europa transportiert – anfänglich
noch in einem Stück, während sich bald die Praxis etablierte, Leichname zu
zerteilen, um einzelne Fragmente als Reliquien in den eigenen Besitz zu
bekommen. Die Berichte derartiger Reliquientransporte – sogenannte
Translationsberichte – bilden eine eigene literarische Gattung und werden im
Seminar ausführlich thematisiert. Zu fragen ist nach den Ursprüngen der
Reliquienverehrung, ihrer Verbreitung und Funktion sowie ihrer Genese im
Verlauf des früheren Mittelalters bis ins 11./12. Jahrhundert hinein.
- Kursleiter/in: Matthias Weber