Ovids Metamorphosen sind einer der zentralen Referenztexte nicht nur der europäischen Literatur. Dabei sind sie selbst bereits „Arbeit am Mythos“ (Blumenberg). Das heißt, sie zeichnen keinesfalls „ursprüngliche“ Mythen auf, sondern stellen selbst Bearbeitungen dar, die die Suche nach „Ursprünglichkeit“ selbst in Frage stellen. Da diese Arbeit sowohl in die Vergangenheit wie die Zukunft der Texte verweist, bildet sie den idealen Ausgangspunkt einer Erkundung von Mythenbearbeitungen, Mythostheorie und der Frage danach, welche Rolle Mythen in der Literaturproduktion, ihrer wissenschaftlichen Untersuchung und in kulturellen Kontexten spielen können oder vielleicht sogar sollten.
Im Seminar werden wir ausgehend von einer intensiven, gemeinsamen Lektüre ausgewählter Texte aus Ovids Metamorphosen (in dt. Übersetzung) dem literarischen und kulturellen Nach- und Eigenleben seiner Figuren nachgehen. Anhand von Figuren wie Medea, Daphne, Prometheus, Achilles, Philemon und Baucis, Pyramus und Thisbe werden wir Rezeptionspfade nachvollziehen, die bis in die Gegenwart führen. In diesem Kontext werden wir theoretische und literaturhistorische Grundlagen der Beziehung von Mythos und Literatur und Moderne sowie die Bedeutung des Mythos als kulturstiftender Erzählung erarbeiten.
Literatur (Auswahl):
- Ovid: Metamorphosen (Reclam: orange = lat/dt., zweisprachig und Prosaübersetzung, gelb=einsprachig, Versübersetzung).
- Shakespeare: Romeo & Juliet (Auszüge).
- Eichendorff: Das Marmorbild.
- Christa Wolf: Medea. Stimmen.
- Han Kang: Die Vegetarierin.
- Christoph Ransmayr: Die letzte Welt.
- Elif Shafak: The Island of Missing Trees.
- Kelly Barnhill: When Women were Dragons.
- Kursleiter/in: Solvejg Elisabeth Nitzke