“How did we forget that matter is a precarious system and dynamic entity,
not a reservoir of tractable commodities?
How did we cease to know that earth, air, fire, and water
move, rebel, ally, crush, and desire?”
Jeffrey J. Cohen und Lowell Duckert: Eleven Principles of the Elements
Seit Anfang der 1990er Jahren hat sich unter dem Begriff des Ecocriticism ein interdisziplinäres Forschungsfeld herausgebildet, das – als Reaktion auf globale ökologische Krisen – die Beziehung zwischen Mensch und Umwelt sowie ihre Transformation in der Kulturgeschichte untersucht. Anthropozentrische Modelle von Wissen und Welt werden dabei problematisiert, während die Handlungsfähigkeit nicht-menschlicher Akteure in den Vordergrund rückt. Ob barocke Schäferdichtung oder dystopische Science-Fiction, Fridays-for-Future-Bewegung oder Environmental Art: Sie alle verhandeln (auch) vergangene oder gegenwärtige Vorstellungen von mehr-als-menschlichen Ökologien, die sich aus der Perspektive des Ecocriticism untersuchen lassen.
In den vergangenen Jahren lässt sich auch im Bereich der Theaterwissenschaft ein wachsendes Interesse an ökokritischen Herangehensweisen beobachten. Ziel des Seminars ist es darum, eine Einführung in das stark ausdifferenzierte internationale Forschungsfeld zu bieten und dessen zentrale Fragestellungen und theoretische Grundlagen sowie theaterwissenschaftliche Anwendungsmöglichkeiten kennenzulernen. Im Lauf des Semesters werden wir uns mit Schlüsselbegriffen (u.a. Anthropozän, Verschmutzung , Apokalypse oder Wildnis) vertraut machen und postkoloniale, ökofeministische sowie neo-animistische Ansätze einbeziehen.
Anhand der gemeinsamen Analyse von künstlerischen Arbeiten sollen vor allem die Möglichkeiten szenischer Künste als Labor für ein zukünftiges ökologisches Denken und Handeln erkundet werden, das Beziehungen reflektieren und gestalten kann. Dabei werden wir verschiedensten Akteuren begegnen, darunter Tieren, Pflanzen, Mineralien, Elementen und Atmosphären. Wie sieht nicht-menschliche Agency aus? Welche Formen und Praktiken bilden sich im Umgang mit dem Mehr-als-menschlichen heraus? Wie wird das Verhältnis von Mensch und Umwelt (neu) verhandelt?
- Kursleiter/in: Catherin Persing