Vor allem in der Ausführung Grillparzers stellt der Medea-Stoff mit seinen menschlichen Abgründen, unfassbaren Taten und seinen psychopathologisch-diagnostischen Potenzial bis heute ein Faszinosum für Kunstschaffende aller Art dar. Mit jeder Neuinszenierung des Stoffes steigt die Notwendigkeit, bei der Betrachtung der Protagonistin neben ihren Taten auch die Katalysatoren dieser zu analysieren. Grillparzer gelingt es, angelehnt an antike Vorbilder eine Figur zu schaffen, die psychopathologisch hochkomplex und widersprüchlich ist. Dieser Beitrag vergleicht die dramentextuelle Grundlage mit zwei besonders im Hinblick auf ihre Performance der Charakterentwicklung Medeas eindrucksvollen Inszenierungen: Aribert Reimanns Oper Medea (Essen 2019) und Mateja Koležniks Medea-Schauspiel (Stuttgart 2019) und geht auf die Entwicklung und inszenatorische, multimediale Umsetzung der Medea zugeschriebenen Pathologien in divergenten dramaturgischen Schwerpunktsetzungen ein.

Semester: WT 2024/25