In den vergangenen Jahren wurde unter dem Stichwort des „(de)kolonialen
Wissens“ vermehrt danach gefragt, wie (ein) Wissen außerhalb der
westlich geprägten Moderne aussieht und/oder aussehen kann. Im Sinne
einer dekolonialen Kritik verschiebt sich der Fokus der Untersuchung
zusehends hin zum (Zu)Hören als relationale Praxis.
Im Seminar sollen unterschiedliche Formen von
(Zu)Hören behandelt werden. In drei Themenblöcken werden wir durch
jeweils einleitende intensive Lektüre das Vokabular für die
darauffolgende Auseinandersetzung mit künstlerischen Arbeiten schaffen.
Der erste Block widmet sich der Unsagbarkeit und
dem Schweigen, Sprecher:innenposition marginalisierter und von
kolonialer Gewalt affizierter Personen (Gayatri C. Spivak, Grada
Kilomba). Im Zuge des Themenblocks sollen nach Möglichkeit regionale
Diskussionsformate besucht werden, um der Frage nachzugehen, wie diese
sozialen Räume im Sinne eines dekolonisierenden Zuhörens verstanden und
genutzt werden können.
Im zweiten Block gehen wir den Fragen nach, wie
andere Formen akustischer Wahrnehmung evoziert, wie andere Formen von
Wissensproduktion erzeugen werden können. Welche
Potenziale bieten Herangehensweisen zeitgenössischer Künstler:innen und
Wissenschaftler:innen, wie „Co-Listening“
oder „Listening-with“?
Aufbauend auf diesen dekolonialen Theorien soll im
dritten Block das Hören als Wahrnehmungsform untersucht sowie das musikalische Hören als (de)koloniale
Methode in den Fokus gerückt werden. So fragenbeispielsweise die Kompositionen des Aktivisten und Komponisten Raven
Chacon: Wie kann eine Musik von den
‚Rändern der Gesellschaft‘ aussehen?
Zum Abschluss des Seminars stellen wir unsere
eigenen theaterwissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit den
besprochenen Arbeiten und Themen in den Mittelpunkt. Welche Potenziale,
aber auch Unzulänglichkeiten gibt es in den aktuellen Diskursen? Wie
können uns die unterschiedlichen Formen des Zuhörens (auch) in
wissenschaftlichen Beschäftigungen weiterbringen?
- Kursleiter/in: Lioba Vanessa Magney