Wann entstanden die ersten perspektivischen Darstellungen in der europäischen Kunst – und vor allem warum? In seinem einflussreichen Aufsatz von 1927 „Die Perspektive als ‚symbolische Form’“ hat der Kunstwissenschaftler Erwin Panofsky darauf hingewiesen, dass es zu kurz greift, die Zentralperspektive als ‚wahre’, da wissenschaftlich begründete Abbildung der Wirklichkeit aufzufassen. Im Gegenteil spiegelt sie eine spezifische Deutung von Welt wider, die mit bestimmten weltanschaulichen Überzeugungen einhergeht: So rückte die Zentralperspektive den Menschen, und speziell das in der Frühen Neuzeit aufstrebende bürgerliche Individuum, ins Zentrum des neuen Weltbildes. Im Blickpunkt, von dem aus das Bild nun konstruiert wurde, manifestierte sich ein entkörpertes, geistig-rationales Subjekt. Schaut man allerdings in die künstlerische Werkstatt, so wird bald deutlich, dass es sich bei der Perspektivkonstruktion durchaus um eine körperliche Praxis handelte, für die neben Auge und Hand zahlreiche Hilfsmittel hinzugezogen wurden. Auch entstanden bald weitere Spielarten der Wiedergabe von Welt, darunter die Anamorphose, mit ganz eigenen symbolischen Implikationen. 

Im Seminar schauen wir uns die Entwicklung der Perspektive aus theoretischem und praktischem Blickwinkel an: Neben der analytischen Arbeit an Text und Bild im Seminarraum finden zwei Sitzungen am Musischen Zentrum der RUB statt, bei denen Sie selbst den Stift in die Hand nehmen werden. Auch fragen wir danach, welche Alternativen zur Perspektive es in der europäischen wie nicht-europäischen Kunst gibt und gegeben hat, und mit welchen symbolischen Bedeutungen diese Darstellungsmodi jeweils einhergehen.

Das Seminar beginnt mit einer Vorbesprechung am 12.4. um 14 Uhr c.t., GA 03/49

Die praktischen Übungen am Musischen Zentrum finden verpflichtend an folgenden Tagen statt: 14. und 21. April, jeweils von 12:15 bis 14:30 Uhr, Raum: MZ 0/18


Semester: WiSe 2024/25