“Doing theory requires being open to the world’s aliveness, allowing oneself to be lured by curiosity, surprise, and wonder.”

Karen Barad: On Touching – The Inhuman That Therefor I Am

 

In den letzten Jahren haben sich in den Kultur- und Kunstwissenschaften unter dem Label des Non- bzw. Posthuman Turn zahlreiche Ansätze entwickelt, die ein anthropozentrisches Modell von Welt und Wissen problematisieren und die Handlungsfähigkeit nicht-menschlicher Akteur*innen in den Vordergrund rücken. Auch in der künstlerischen Praxis werden etwa Tiere, Maschinen, Landschaften oder Dinge zunehmend von Requisiten zu aktiven Mitspieler*innen erhoben, seien es tanzende Industrieroboter im Ballett, blökende Schafsherden in der Oper oder ein hundertjähriger Wald in einem multimedialen Performance-Projekt.

Inmitten der Krisen des Anthropozäns wird ein Nachdenken über das und mit dem Nicht-Menschlichen immer dringlicher. Das Theater als Ort der Begegnung scheint in besonderem Maße dazu geeignet, Gegenmodelle zu entwerfen, um alternative Formen der Interaktion zu erproben und über die Möglichkeit von Allianzen zu reflektieren. Wie viel Mensch braucht das Theater? Und welche Herausforderungen halten die mehr-als-menschlichen Netzwerke bereit?

Der Grundkurs untersucht historische und gegenwärtige Verschaltungen von Mensch und Mehr-als-Menschlichem im Theater und mit den Mitteln des Theaters. Welche Konsequenzen ergeben sich für eine Inszenierung, wenn beide neben- und miteinander auf der Bühne existieren oder das Nicht-Menschliche gar zum Protagonisten wird? Im Rückgriff auf unterschiedliche Theorien und Methoden soll ein offenes Theaterverständnis diskutiert und ein erster Einblick in die Vielschichtigkeit des Theaters sowie der Theaterwissenschaft gegeben werden. Gemeinsam lesen wir grundlegende Theorietexte und begegnen zentralen Begriffen ebenso wie Grundproblemen der Theaterwissenschaft – immer mit Blick auf die szenische Praxis.

Semester: WiSe 2024/25