Das Liedcorpus des Oswald von Wolkenstein gilt als eines der anspruchsvollsten im ausge-henden Mittelalter. Es umfasst Liebeslyrik ebenso wie Reimpaarreden und geistliche, didakti-sche sowie politische Lieder, wobei meist auf traditionelle Schemata und Topoi der deutsch-sprachigen und europäischen Lyrik zurückgegriffen wird. Durch Neukombination und Umbe-setzung des Überkommenen, dazu durch musikalische Mittel und durch eine artistische Spra-che, die zuweilen bis an die Grenze des Verstehbaren reicht, entsteht ein unverwechselbares, eigenes Oeuvre. Dieses facettenreiche Werk soll zunächst in Einzelinterpretationen erarbeitet werden. In einem zweiten Teil wird es darum gehen, diejenigen literarischen Figurationen zu erkennen und zu benennen, die dazu führten, dass Oswalds Lyrik über lange Zeit - in unreflektierter Anlehnung an Konzepte der Klassik - als autobiographische Texte gelesen werden konnten.
Literatur:
Textgrundlage: Oswald von Wolkenstein, Lieder. Frühneuhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Ausgewählte Texte hrsg., übersetzt und kommentiert von Burghart Wachinger. Stuttgart 2007 u.ö.

Zur Einführung: Dieter Kühn, Ich Wolkenstein. Biographie. Überarbeitete Ausgabe. Frankfurt/M. 1996 u.ö.
Semester: ST 2024