Theater und vor allem musikalisches Theater war zunächst in Feste integriert bzw. als zeitlich begrenztes Festspiel angelegt – das gilt für die Tragödien der Antike ebenso wie für die ersten Opern an den Höfen Oberitaliens. Doch mit Richard Wagners Festspielen in der oberfränkischen Provinz (Bayreuth), bei denen ausschließlich seine Werke präsentiert werden, beginnt eine neue Ära. Hier geht es um die Realisierung einer Utopie, die das Festspielpublikum als Gemeinschaft begreift und die (kanonischen) Werke entsprechend in Szene setzt. Auch hinter den beiden anderen großen Festspielen, mit denen wir uns im Seminar beschäftigen wollen, stehen durchaus utopische Ideen: Salzburg soll nach der Katastrophe des 1. Weltkriegs zur Erneuerung und „Genesung“ der Kultur wie der Gesellschaft beitragen und die Ruhrtriennale möchte den Wandel des Ruhrgebiets von einem Industriestandort zur Kulturmetropole befördern. In Bayreuth und Salzburg hat dieses Sendungsbewusstsein zu ideologischen Vereinnahmungen geführt, und im Falle der Ruhrtriennale wäre durchaus zu hinterfragen, was es mit den vielbeschworenen „Industriekathedralen“ auf sich hat. Diesen historischen Kontexten und aktuellen Fragen wollen wir im Seminar nachgehen. Eigene Themenvorschläge willkommen!


Semester: WiSe 2024/25