Pflanzen erschaffen Welten und besitzen eine fundamentale Bedeutung für das menschliche Leben auf der Erde, während ihre scheinbare Passivität gleichzeitig dazu führte, dass sie jahrhundertelang auf die Rolle einer dekorativen Kulisse oder eines unbeteiligten Dritten reduziert wurden. Entgegen dieser „Pflanzen-Blindheit“ lässt sich seit einigen Jahren ein kultureller Wandel beobachten, der die posthumanistische Performativität nicht-menschlicher Akteur*innen und deren Wirkmacht beleuchtet. Ob Bestseller wie Peter Wohllebens „Das geheime Leben der Bäume“ oder der Entwurf einer Philosophie der Pflanzen, wie Emanuele Coccia ihn in „Die Wurzeln der Welt“ vorlegt: Pflanzen rücken vom Hinter- in den Vordergrund und werden hinsichtlich ihrer kognitiven, sensitiven und kommunikativen Fähigkeiten neu befragt.

In „Performing Plants“ behandeln wir alte und neue Repräsentationen und Konzepte des Vegetativen in Kunst und Wissenschaft, um den Einfluss der Kultur auf unser Pflanzen-Denken ebenso wie den Einfluss der Pflanzen auf unsere Kultur zu untersuchen. Indem sie etablierte Konzepte von Zeitlichkeit, Wissen und Agency herausfordern, stellen Pflanzen zugleich fundamentale Überzeugungen der westlichen Welt infrage und konfrontieren uns mit einer radikalen Andersartigkeit. Angesichts der Klima- und Biodiversitätskrise scheint es mehr als geboten, diese Konfrontation auszuhalten und ein neues Denken mit und über Pflanzen zu unternehmen.

Anhand zahlreicher künstlerischer Beispiele setzen wir uns etwa mit der Frage auseinander, wie Nicht-Menschen inszeniert werden können ohne sie als Objekte oder Szenerie zu betrachten. Inwieweit können wir Akteur*in-Sein überhaupt in Kategorien denken, die nicht schon anthropozentrisch geprägt sind? Es geht nicht darum Pflanzen zu vermenschlichen, indem wir Konzepte wie Intelligenz auf sie übertragen, sondern mit Donna Haraway zu fragen, wie wir trotz ihrer offensichtlichen Andersartigkeit – und ohne ihnen diese zu nehmen – Allianzen mit ihnen schließen und gemeinsam existieren können. Im Kern des Seminars stehen biologische, philosophische und kulturwissenschaftliche Imaginationen von Pflanzen ebenso wie szenische Erkundungen des Mensch-Pflanze-Verhältnisses. Theoretische Grundlagen u.a. des Ecocriticism, des New Animism und der Animal Studies verzweigen sich zu einer Einführung in das aufkeimende Feld der Human-Plant-Studies und führen uns zur Erkundung von Fragen der Verwandtschaft, der Vernetzung und der Medialität.



Semester: SoSe 2024