Der Roboter auf der Bühne wendet seinen Blick direkt auf mich. Das Gesicht wirkt fast kindlich. Die Performance zieht mich in ihren Bann, die Couch wird mehr und mehr zum Zuschauer*innenraum. Nachmittags klingelte mein Telefon – wir sprachen über den Einfluss meines Körpers und anderer Körper auf die Geschichte. Es war ein schönes Gespräch.
Digitaler Wandel, Transformationsprozesse und gesellschaftspolitische Entwicklungen unserer Zeit verändern Kunst und Kultur. Neue Formate, neue Wege der Produktion, Digitalität und aktuelle gesellschaftliche Diskurse beeinflussen unseren Blick auf das Theater. Diese Prozesse verlangen ein Umdenken der althergebrachten methodischen Zugänge und fordern den wissenschaftlichen Herangehensweisen neue Perspektiven ab. Phasen der Veränderung zeichnen sich auch in der Forschung ab. So startet der 2020 publizierte Sammelband Neue Methoden der Theaterwissenschaft (Hg. v. Benjamin Wihstutz und Benjamin Hoesch) mit der Feststellung, dass sich das Fach im Umbruch befindet. In die Kritik geraten zentrale Diskurse und Begriffe der Disziplin durch neue Forschungsgebiete, interdisziplinäre Öffnungen und die Beschäftigung mit dem gesellschafts-politischen Selbstverständnis der Wissenschaft. Ende Februar 2021 schließt das Projekt Participatory Art Based Research die Entwicklung von Forschungsformaten zwischen Gesellschaft, Wissenschaft und Kunst ab. In der Abschlusskonferenz werden u.A. Fragen nach der öffentlichen Zugänglichkeit von Forschung und Forschungspraxen aus der Gesellschaft heraus gestellt.
Figurentheater ist schon lange Spielwiese und Experimentierfeld für gesellschaftliche und kulturpolitische Themen und birgt großes Potenzial in der Verhandlung vermeintlich tabuisierter Themen. Oft erscheinen Phänomene des Figurentheaters in Zeiten des Umbruchs. Die Puppe, das Objekt, das Ding stehen dabei häufig als Metapher für größere Zusammenhänge. Dahinter steckt die Verhandlung von Machtverhältnissen, von Körperdiskursen, von Technologiediskursen, u.v.m. Doch wie werden diese Phänomene verhandelt? Wie entwickeln sich Methoden einer Forschung in Kinderschuhen? Wie identifiziere ich methodische Ansätze? Welche alten und neuen Methoden lassen sich in welchen Forschungsvorhaben anwenden und umsetzen? Und wie wähle ich eine Methode für die eigene Forschungsarbeit?
Im Blockseminar wollen wir der Methode auf den Grund gehen. Mit dem Blick auf die Figurentheaterforschung wollen wir theaterwissenschaftliche Arbeitsweisen aufgreifen und auf ihre Anwendbarkeit hinsichtlich des Figurentheaters prüfen. Dabei erörtern wir alte und neue Formate anhand theoretischer und praktischer Beispiele. Unser analytisch-methodisches Denken soll dabei nicht nur durch Inszenierungsmitschnitte/-besuche und Lektüren stimuliert werden, sondern auch durch praktische Übungen.
- Kursleiter/in: Mareike Beate Gaubitz