„Wir sind in der ungefähr zehntausendjährigen Geschichte das erste Zeitalter, in dem sich der Mensch völlig und restlos problematisch geworden ist: in dem er nicht mehr weiß, was er ist; zugleich aber auch weiß, dass er es nicht weiß.“ So formuliert Scheler die Situation des Menschen Ende der neunzehnhundertzwanziger Jahre. Der „Mensch“ sieht sich längst nicht mehr als das von Gott gewollte Geschöpf, er weiß sich eingebunden in die Evolution des Lebens und hat bereits viel medizinisches Wissen über sich erworben, sowohl in organischer als auch in psychologischer Hinsicht. Scheler hat immer wieder angekündigt, eine umfassende philosophische Anthropologie zu schreiben, die diesen naturwissenschaftlichen Zugang um einen metaphysischen (heute würden wir wohl sagen: „ganzheitlichen“) Blick auf den Menschen ergänzen und das Wesen des Menschen offenlegen soll. Er hat nie mit der Arbeit an diesem Werk begonnen. Im Lektürekurs setzen wir uns daher kritisch mit seiner um so einflussreiche-ren, posthum veröffentlichten Vorlesung „Die Stellung des Menschen im Kosmos“ auseinander.

Semester: ST 2025