Beobachten wir derzeit eine Rückkehr „der Natur“? Die Demonstrierenden von Fridays for Future beklagen den großindustriellen Raubbau und die Zerstörung von Natur, Nachhaltigkeit ist längst zu einem zentralen Begriff in Bildungsplänen geworden. Die Corona Katastrophe wird von Beobachter*innen als deutlicher Hinweis auf die Grenzen der Naturbeherrschung gelesen. Parallel dazu wird der Garten in Ratgebern und Magazinen als Rückzugsort vor der digitalen Moderne gefeiert, Natur ist hier aufgeladen mit dem Versprechen der Entschleunigung, ursprünglicher Authentizität und einem Rückweg aus der Entfremdung. Die Beispiele dieser Verweise auf „die Natur“ zeigen, dass mit dem Begriff ganz unterschiedliche Zusammenhänge aufgerufen werden können. 

Auch in der modernen Pädagogik finden sich zahllose Verweise auf Natur. Exemplarisch in Rousseaus Erziehungsroman 'Emile', in den Debatten um das Verhältnis von (natürlicher) Anlage und (gesellschaftlicher) Umwelt, reformpädagogischen Einsätzen (bspw. die 'Weisheit der Natur' bei Steiner, Montessoris 'kosmische Erziehung'  oder Deweys 'Naturalismus') oder schlicht die Fülle an botanische Metaphern (bspw. Kindergarten) im pädagogischen Feld. 

Vor diesem skizzierten Hintergrund fragt das Seminar im ersten Teil nach der erziehungs- und bildunstheoretischen Bedeutung von Natur, bzw. der Funktion des Verweises auf Natur, Naturbild und natürliche Ordnungen. Plädiert wird im zweiten Teil dann für die Perspektive der NaturKulturen. Das Doppelwort NaturKulturen unterläuft die dominante Ordnung des modernen Wissens, welches Natur und Kultur in der Regel getrennt und als Gegensätze behandelt (Gesing). Der Begriff lädt vielmehr dazu ein, Vermischungen anzuerkennen (Latour), statt sich in Illusionen von Autonomie auszuruhen. Abschließend fragt das Seminar nach den produktiven Überschneidungen einer politischen Ökologie (Gesing), der Allgemeinen Ökologie (Hörl) und der Allgemeinen Pädagogik.


Semester: WT 2024/25