In den post-kolonialistischen Theorien zum Religionsbegriff wird dieser ihre vormoderne Existenz abgesagt. Die Religion sei eine moderne und v. a. eine europäische Konstruktion. Wie verhalten sich aber diese Theorien mit dem antiken und spätantiken religionsgeschichtlichen Material? Gab es wirklich keine Religion in der Antike und Spätantike?

Dieses Seminar bietet einen Einblick in diese Theorien an und setzt sich kritisch mit ihnen auseinander. Zudem zieht es das religionsgeschichtliche Material aus dem Alten Iran heran, um diese Theorien zu prĂĽfen. Dabei geht es um die iranische Begriffsgeschichte von „Religion". Das im Seminar zu untersuchende Material besteht v.a. aus drei Komponenten: das zoroastrisch-avestische Korpus (12. - 3. Jh. v. Chr.), das manichäisch-iranische Korpus (3. - 10. Jh. n. Chr.) und das zoroastrisch-mittelpersische Korpus (3.-10. Jh. n. Chr.). Anhand dieses Materials werden wir examinieren, inwieweit die besprochenen post-kolonialistischen Theorien belastbar sind. FĂĽr die semantische Studie der Texte werden wir korpuslinguistische Methoden anwenden, die im Seminar erläutert werden.

Für Textverständnis ist keine alt- oder mittel-iranische Sprachkenntnisse notwendig. Für das Close-reading der Texte werden wir vornehmlich die Übersetzungen der Texte verwenden. Die Studierende werden in diesem Seminar die post-kolonialistischen Theorien sowie die Methoden der Korpuslinguistik kennenlernen, und v. a. die theoriegeleitete Untersuchung des religionsgeschichtlichen Materials einüben.

Das Seminar wendet sich an fortgeschrittene BA- und MA-Studierende. Zum Erwerb der entsprechenden Creditpunkte ist die aktive Teilnahme an den Diskussionen, die Studie der fĂĽr die Sitzungen vorgesehenen Literatur verpflichtend.


Semester: ST 2024