Der westlichen Moderne wird mittlerweile eine klare Vorstellung davon zugeschrieben, wo die Grenzen zwischen den religiösen und den säkularen Bereichen liegen. Auch wenn diese Annahme immer wieder hinterfragt wird, gehört sie weiterhin zu den sogenannten ‚Meistererzählungen der Moderne‘. Mehr noch: Das Religiöse und das Säkulare sind zu einer Denkfigur der Moderne zusammengewachsen und stehen unmittelbar für eine Wechselwirkung. Auch wenn man heute einerseits von der „unsichtbaren Religion“ und andererseits von der „Wiederkehr“ des Religiösen, von der „Wiederverzauberung“, „Entsäkularisierung“ oder „Resakralisierung“ im postsäkularen Zeitalter spricht, ist das Religiöse ohne das Säkulare kaum vorstellbar (s. Luckmann 1991, Berger 1999; Berman 1983; Riesenbrodt 2000; Isenberg/Sellmann 2000; Hildebrandt/Brocker/Behr 2001; Graf 2004; Habermas 2001). Schließlich sei der Blick auf die Transformationsprozesse des Religiösen nach wie vor weitestgehend durch die Säkularisierungsfrage bestimmt (Krech 2011: 115).

 

Das Seminar widmet sich der lektüregestützten und empirischen Erkundung der Kategorien des Säkularen und des Religiösen sowie der Grenzen zwischen den beiden Bereichen. Das Studium gliedert sich in vier Blöcke: 1) Einführung und Organisatorisches, 2) Theorie, 3) Methode und Empirie, 4) Ergebnisorientierte Zusammenfassung und Abschluss.

 

Nach dem Kennenlernen und der organisatorischen Einleitung (Block 1), werden im Block 2 diverse wissenschaftliche Texte zur Diskussion gestellt, daher ist die Lektüre einiger Ausschnitte besagter Texte im Vorfeld dieses Termins notwendig. Im Block 3 findet die methodische Einführung in die Analyse von empirischen Daten sowie die gemeinsame Arbeit an ausgewählten Videosequenzen aus dem Internet statt. Der Block 4 ist dem Zusammentragen von Ergebnissen und dem Abschluss des Seminars gewidmet.

 

Die Veranstaltung richtet sich an Studierende des CERES und der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bochum.

 

Studienleistung (3 CP) setzt eine aktive Teilnahme einschließlich Lektüre und Referat voraus. Eine Hausarbeit ist möglich.

 

Lektüre

 

Berger, P. L. (1999). The Desecularization of the World: Resurgent Religion and World Politics: The Resurgence of Religion in World Politics. Grand Rapids: William B. Eerdmans Publishing Co.

 

Berman, M. (1983). Die Wiederverzauberung der Welt. Am Ende des Newton’schen Zeitalters. München: Dianus-Trikont.

 

Graf, F. W. (2004). Die Wiederkehr der Götter. Religion in der modernen Kultur. München: Beck.

 

Habermas, J. (2001). Glauben und Wissen: Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2001. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Hildebrandt, M., Brocker, M. & Behr, H. (Hrsg.). (2001). Säkularisierung und Resakralisierung in westlichen Gesellschaften. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.

 

Isenberg, W. & Sellmann, M. (Hrsg.). (2000). Konsum als Religion? Über die Wiederverzauberung der Welt. Mönchengladbach: Kühlen.

 

Knoblauch, H. (2009). Populäre Religion. Auf dem Weg in eine spirituelle Gesellschaft. Frankfurt/New York: Campus.

 

Krech, V. (2011). Wo bleibt die Religion? Zur Ambivalenz des Religiösen in der modernen Gesellschaft. Bielefeld: transcript.

 

Luckmann, T. (1990). Shrinking Transcendence, Expanding Religion? Sociology of Religion, 51(2), 127–138. https://doi.org/10.2307/3710810 (12.07.2019).

 

Luckmann, T. (1991). Die unsichtbare Religion. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Pollack, D. (2003). Säkularisierung – ein moderner Mythos? Studien zum religiösen Wandel in Deutschland. Tübingen: Mohr Siebeck.

 

Riesenbrodt, M. (2000): Die Rückkehr der Religionen. Fundamentalismus und der „Kampf der Kulturen“. München: Beck. 

 

Taylor, Ch. (2009). Ein säkulares Zeitalter. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

 

Wolrab-Sahr, M. & Burchardt, M. (2011): Vielfältige Säkularitäten. Vorschlag zu einer vergleichenden Analyse religiös-säkularer Grenzziehungen. Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Heft 7, 53-71. 


Semester: ST 2024