Vor einigen Jahren hat eine Gruppe namhafter deutscher Lyriker um Tristan Marquardt, Marcel Beyer, Durs Grünbein u.v.m. Gedichte des deutschen Minnesangs neu übersetzt. Herausgekommen ist ein buntes Potpourri aus textnahen, textfernen, im besten Sinne konservativen wie progressiven Übertragungen in unsere heutige Sprache. Das 2017 im renommierten Hanser-Verlag erschienene Buch Unmögliche Liebe ist ein Statement für die Aktualität mittelalterlicher Dichtung und die Überzeitlichkeit von poetischen Klang- und Sprachbildern.

Im akademischen Kontext ist Übersetzen i.d.R. an einführende Grundkurse und das ‚richtige‘ Übersetzen gebunden. Hier soll – und das aus gutem Grund – nicht poetisch, sondern sinngemäß übersetzt werden. Das Verfahren orientiert sich an den gängigen zweisprachigen Werkausgaben, die den mittelhochdeutschen Text bewusst nicht literarisch, sondern nüchtern und korrekt (Stichwort falsche Freunde) wiedergeben wollen. Die vorliegende Übung möchte die ganze Bandbreite des Übersetzens austesten. Im Zentrum des Seminars steht die wöchentliche arebeit mit der deutschen Sprache und der Theorie des Übersetzens – eine Arbeit, die im besten Falle beidiu Mühsal unde Spaß ist. Dabei werden wir mit doppelter Optik vorgehen und anhand ausgewählter Textpassagen versuchen, den Sinngehalt des Mittelhochdeutschen zu entschlüsseln, die sinngemäße Übersetzung baz auszudrücken und in eine poetisch ansprechende, moderne Sprache zu transformieren. Sie sollten Begeisterung für die deutsche Sprache sowie die Bereitschaft mitbringen, mittelhochdeutsche Texte verstehen und in ihre Bestandteile zergliedern zu wollen. Als Abschluss des Seminars ist ein Übersetzungsprojekt geplant.


Semester: ST 2024