Die „Stimme“ wird als Begriff verwendet, um die Eigentümlichkeit eines (vorzugsweise literarischen) Textes zu beschreiben: Wie genau die klangliche Individualität eine*r Autor*in in Schrift gelangt, ist allerdings nicht ganz einfach zu beschreiben, geschweige denn zu verstehen. Das Texte über einen Sound verfügen, der Ausdruck bestimmter Intentionen ihrer Produzent*innen sind, ist von der Medientheorie als Effekt von Speicher- und Wiedergabemedien dekonstruiert worden. Niemand könne über das Phantasma, tatsächlich eine Stimme zu hören, eine besondere Beziehung zu einer*m Autor*in aufbauen – und dennoch berichtet ein begeistertes Publikum von Romanen, insbesondere aber auch von Lesungen und Hörbüchern genau davon. Das Phänomen von Stimmen im Text steht im Zentrum des Seminars, dessen Gegenstand Texte zur Theorie der Stimme sind, in dem aber auch allgemeiner das Verhältnis von Akustik und Literatur behandelt werden soll. Fragen, die sich in dem Zusammenhang stellen, sind unter anderem: Wie liest man eigentlich eine Fußnote vor? Was ist „Theoriesound“? Wann „raunen“ Texte? Warum war Gottfried Benn so ein schlechter Vorleser? Was macht eine gute Lesung aus? Kann man seine Stimme wirklich verstellen?


Semester: SoSe 2024