Am Beispiel des in der US-amerikanischen Nachkriegszeit wohl einflussreichsten Kunstkritikers, am Beispiel Clement Greenbergs, soll über die Rolle der Kunstkritik in den 1950er und 1960er Jahre nachgedacht und ihre Verwobenheit mit gesellschaftlichen, institutionellen und medialen Strukturen fallbeispielartig herausgearbeitet werden. Wie schafft es Greenberg, den sog. ‚Abstrakten Expressionismus‘ als amerikanische Kunst durchzusetzen und zu kanonisieren? Welche Rolle hat er im Kunstbetrieb inne, wie gehen Kritik und ihr Gegenstand, die zeitgenössische Malerei, zusammen und nach welchen (ausgestellten oder privatim reflektierten) Maßstäben urteilt Greenberg? Welche Kritiktraditionen konstituieren seine Praxis und begründen nicht zuletzt auch den ihr eingeschriebenen Kunstbegriff mit? Wieso schien letzterer mit minimal art, Konzeptkunst etc. nicht mehr mitzugehen, so dass eine neue, nun vielfach im akademischen Milieu angesiedelte Kritikergeneration die Deutungshoheit für sich zu reklamieren begann? Zugrunde liegt dem Seminar die Prämisse, dass sich Kunstkritik als je historisch situiertes Phänomen nicht allein durch einen systematisierenden Zugriff, sondern zunächst anhand markanter Modellfälle fassen lässt. Als ein solcher figuriert der „Fall Greenberg“, dem wir uns entlang seiner Texte intensiv zuwenden wollen.

Semester: WT 2024/25